Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ihre Kritik am deutschen Bildungssystem erneuert. Es müsse gelingen, "die praktische Berufsausbildung und die akademische Bildung stärker miteinander zu verzahnen", sagte OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher der "Welt am Sonntag". Schleicher gilt als Erfinder des Pisa-Tests, einem internationalen Leistungsvergleich für Schüler. "Das Studium muss sehr viel praxisnäher werden", forderte er.
Schleicher verwies auf einen Trend, der sich in den Zahlen widerspiegele: "Die Akademiker-Gehälter sind in den vergangenen Jahren sehr deutlich gestiegen, diejenigen von Facharbeitern sind relativ konstant geblieben." Davon würden sich junge Leute leiten lassen. "Wenn sich der Arbeitsmarkt ändert, wird sich auch das Verhalten junger Menschen ändern", sagte Schleicher.
Daher brauche es keine politisch motivierten Quoten, es wirkt das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. "Es gibt kein Land auf der Welt, in dem der relative Einkommensvorteil eines Studiums in den vergangenen Jahren stärker gestiegen ist als in Deutschland."
Ausbildung müsse sich grundlegend ändern. Es reiche nicht, nur Fachwissen zu akkumulieren. Es gehe darum, dieses Fachwissen kreativ auf neue Zusammenhänge zu übertragen, sonst werde man durch Computer ersetzt, sagte Schleicher. Die Welt bezahle heute niemanden mehr dafür, was er wisse. Denn Google wisse bereits alles. "Sie werden dafür bezahlt, was Sie mit Ihrem Wissen tun können", sagte Schleicher. Deshalb brauche heute jede Berufsausbildung eine stärkere fächerübergreifende Komponente.
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