Wie in kaum einem anderen international geregelten Politikbereich gab es in der globalen Drogenpolitik über Jahrzehnte fast einhellige Übereinstimmung. Demokratische Regierungen jeder Richtung, kommunistische Regimes, Militärdiktaturen und postkoloniale Staaten waren sich darin einig, den Umgang mit Rauschmitteln wie Kokain, Heroin und Cannabis zu unterbinden. Eine Regierung, die den internationalen Kanon in Frage stellt, hat bis heute mit Stigmatisierung, Isolierung und ernsten Konsequenzen zu rechnen. Kaum eine andere Politik ist so von Dogmas und Tabus charakterisiert wie diese. Gleichwohl, außerhalb der UN wird der "Krieg gegen die Drogen" zunehmend als unhaltbare Politik und Ideologie erkannt. Am wenigsten, so scheint es, interessiert die Regierungen das Schicksal der am meisten Betroffenen: der Kleinproduzenten, Konsumenten und Abhängigen. Kritische Bemerkungen zum "Krieg gegen die Drogen" anlässlich des heute stattfindenden Die jahrzehntelange Eintracht in der Drogenpolitik ist nicht allein auf den enormen internationalen Druck ihres ersten Vorkämpfers, der USA, zurückzuführen. Die Dämonisierung von Drogen ist für Regierungen generell ein vielfach nutzbares Vehikel, wie der Soziologe Harry Levine im vergangenen Jahr im International Journal of Drug Policy feststellte. Regierungsvertreter, Medien und andere Behörden hätten erkannt, dass alle nur denkbaren Probleme auf Drogenabhängigkeit, Drogenmissbrauch und einfachen Konsum abgewälzt werden könnten. Zudem würden Drogen und Drogengebrauch als Feindbilder gepflegt und instrumentalisiert: Zur Auflagensteigerung bei den Medien, als Beweis einer strikten Regierungspolitik und zur Mobilisierung von Wählerstimmen in der verunsicherten Bevölkerung. Drogenbekämpfung diente als Begründung zum Ausbau der Befugnisse von Strafverfolgungsbehörden, zur Unterminierung von Bürgerrechten, für militärische Repression und verdeckte Operationen.
Quasi als "Kollateralschaden" werden 4,7 Prozent der Weltbevölkerung mit einem Alter von über 15 Jahren oder 200 Millionen Menschen als Drogenkonsumenten kriminalisiert, Steuergelder in Milliardenhöhe für Strafverfolgung und Bekämpfungsmaßnahmen ausgegeben sowie Kleinbauern in den Produzentenländern militärisch bekämpft. In seinem neuen Buch "Die scheinheilige Gesellschaft" weist der US-amerikanische Journalist Eric Schlosser darauf hin, dass in den USA allein 2001 etwa 724.000 Menschen verhaftet wurden, weil sie gegen Cannabisgesetze verstoßen haben. In vielen US-Bundesstaaten ein Kapitalverbrechen, das bis zu lebenslanger Haft nach sich ziehen kann. Lorenz Böllinger, Professor an der Universität Bremen, stellt fest, dass annähernd 50 Prozent der Gefangenen in Straf- und Untersuchungshaft in Deutschland im Zusammenhang mit Drogendelikten inhaftiert sind.
Bookmarks