"Kein Programm, sondern Betriebssystem"
Transparenz, Bildung und politische Teilhabe, das sind die Begriffe, die das Denken der Piraten konfigurieren.
"Wir liefern kein Programm, eher eine Art neues Betriebssystem für die Politik. Wir wollen die Antworten von den Bürgern haben", erklärt Weisband. Deshalb halten sie ihre Sitzungen öffentlich ab, deshalb übertragen sie das Gesagte in Netz. Als Livestream, Audio und Video mit Untertiteln. Wohin die Reise inhaltlich geht, weiß keiner so recht. "Das müssen wir noch gemeinsam erarbeiten" - sagt mal Marina Weisband, mal Andreas Baum, mal Sebastian Nerz. Bis zur Bundestagswahl 2013 würden schon ein paar Positionen gefunden. Das klingt entwaffnend. Unbedarft. Furchtlos.
Wie anstrengend die selbstverordnete Transparenz ist, zeigte sich bereits auf der Fraktionssitzung der Berliner Piraten am Dienstag. Noch sind Mikrophone und Kameras ausgeschaltet im Sitzungssaal 304 des Abgeordnetenhauses. Martin Delius, der parlamentarische Geschäftsführer der Piraten, sitzt schon auf seinem Platz, als Andreas Baum und die selbsternannte Rampensau Christopher Lauer an den Tisch treten. Delius sagt halblaut zu Baum: "Wenn das Adrenalin hochkocht, übernimmst du, ja?" Lauer springt ein: "Wenn es lauter wird, nehme ich die ein bisschen an die Hand."
Ein Journalist will wissen, wie es sich anfühlt, plötzlich von der Presse belagert zu werden. Nerz antwortet: "Wie fühlt man sich denn so als Journalist, wenn man von Politikern hört: 'Dazu haben wir keine Position'?"
Seltsam fühlt es sich an. Denn das entspricht nicht den Usancen der Berliner Republik. Wer etwas will, sagt etwas, und behauptet, er habe auch etwas zu sagen. Nicht so die Piraten. "Muss eine Partei eine Antwort auf alle Fragen liefern? Nein, muss sie nicht", sagt Nerz. "Auf die Griechenland-Krise hat derzeit niemand eine Antwort. Nur sagt es so keiner. Das unterscheidet uns von den etablierten Parteien."
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