Michael Blumenstein rastete bei nichtigen Anlässen aus und schrie Frau und Kinder an. "Ständig war da diese innere Gereiztheit. Dazu hatte ich Magenprobleme, dabei war organisch alles in Ordnung", erzählt der 44-Jährige im Klinikum Wahrendorff bei Hannover. Den Jobverlust hatte er scheinbar weggesteckt, kümmerte sich um die heute sechs und vier Jahre alten Söhne. Bei den Jungen wurde dann ein Gendefekt festgestellt, der ältere erkrankte zudem an Leukämie. "Nach außen war ich der fröhliche Li-La-Launebär. Man baut eine Fassade auf, aber irgendwann hält die Maske nicht mehr."
Über seinen Zusammenbruch und die Vorgeschichte spricht Blumenstein jetzt täglich mit neun Leidensgenossen in der im Januar eingerichteten Tagesklinik für depressive Männer im Stadtteil Ilten der niedersächsischen Stadt Sehnde - ein bundesweit einzigartiges Projekt.
Die 20- bis 50-Jährigen werden hier nach einem speziellen psychotherapeutischen Ansatz behandelt. Viel Raum nimmt das Stresstoleranz-Training ein. "Was mache ich, wenn ich eine hohe Anspannung in mir habe, ohne auszuticken, ohne Alkohol zu trinken oder über die Autobahn zu rasen?", erläutert Chefarzt Michael Hettich. In den Pausen holen die Patienten die Fußballtore im schattigen Park vor dem Gebäude heraus und kicken ein bisschen.
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