Auch die Mutter gehört fortgeschlossen." Diesen Satz hören die Reporter immer wieder, als sie in Westerwalddorf Fluterschen Stimmen zu einem bizarren Verbrechen einfangen wollen. Gemeint ist die Frau des 48-jährigen Mannes, der am kommenden Dienstag vor dem Landgericht Koblenz mit unfassbaren Vorwürfen konfrontiert wird: Er soll mit seiner Stieftochter acht Kinder gezeugt und sowohl die Stieftochter als auch seine eigene Tochter jahrelang sexuell missbraucht und zur Prostitution gezwungen haben. Das bizarre Missbrauchsdrama, das an den Fall Josef Fritzl in Österreich erinnert, hat das 750-Seelen-Dorf ins Rampenlicht der Medien gezerrt.
Fluterschen am Donnerstagmorgen: Die Idylle trügt. Während der kühle Morgennebel ganz langsam zaghaften Sonnenstrahlen weicht, eilen bereits mehrere Kamerateams durch das Dorf. Sie sind auf der Suche nach Bewohnern, die vor der Kamera einen Kommentar abgeben wollen über die Familie, in der das Entsetzliche geschah. Medienvertreter stehen vor dem Haus, in dem der mutmaßliche Täter lange Jahre gelebt hat. Das Gebäude, zwischen zwei gepflegten Wohnhäusern gelegen, macht einen verlassenen, heruntergekommenen Eindruck. Die Rollläden sind teils dicht, Briefkasten und Klingel ohne Namen. An der einst prächtigen historischen Haustür mit Schnitzereien und schmiedeeisernen Verzierungen ersetzen Styroporplatten die teilweise zerstörten Glasscheiben. Die Frau des 48-Jährigen soll hier noch wohnen. Welche Rolle hat sie bei dem Martyrium der jungen Frauen gespielt? Das wird eine der Fragen sein, die in dem mehrtägigen Prozess geklärt werden muss.
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