Voraussetzung für die Einstellung des Verfahrens war eine Erklärung des Anwalts von Edathy, der in einer von ihm verlesenen Erklärung meinte, der Ex-Politiker habe "inzwischen eingesehen, dass [er] einen Fehler gemacht [hat]" und "bereue" diesen.
Auf seiner Facebook-Seite schränkte Edathy ein, er "weise darauf hin, dass ein 'Geständnis' ausweislich [s]einer heutigen Erklärung nicht vorlieg[e]". Eine "Schuldfeststellung" sei damit "ausdrücklich nicht getroffen worden". Vorher hatte die Staatsanwaltschaft am Landgericht verlautbart, Voraussetzung für eine Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage sei eine "geständige Einlassung" des 45-Jährigen.
Das tieferliegende Problem hinter dem Fall Edathy besteht allerdings auch nach der Einstellung des Kinderpornografieverfahrens gegen eine Geldauflage weiter: Warum konnte es ausgerechnet eine Persönlichkeit wie Edathy zum Ausschussvorsitzenden und Ministerkandidaten bringen? Seine Selbstgerechtigkeit und seine anderen Charaktermängel waren lange vor der Kinderpornografieaffäre bekannt - wurden aber erst danach öffentlich thematisiert.
Sie zeigten sich unter anderem in den Beschimpfungen, mit denen der damalige Rechtsausschussvorsitzende 2011 auf einen Facebook-Nutzer reagierte, der ihn auf Urheberrechtsverletzungen auf seiner Facebook-Seite aufmerksam gemacht hatte, in Bemerkungen wie der,
dass er die Vorratsdatenspeicherung für notwendig halte, weil er wissen wolle, wer ihm unbestellt eine Plastikvagina zuschickte, und in der Art und Weise, wie er 2009 forderte, dass Buchhändler neben der gesetzlichen eine zweite private Zensur einführen sollten.
Bei all diesen Gelegenheiten musste man sich fragen, warum die SPD so einen Politiker nicht nur nicht entfernt, sondern (ganz im Gegenteil) immer mehr als "Hoffnungsträger" feiert. Fast scheint es, als ob solche Charaktermängel und ein Umgang mit der Wahrheit, wie ihn Edathy pflegte, von Vorteil sind, wenn man es in der deutschen Politik zu etwas bringen möchte - auch deshalb, weil sich diese Merkmale nicht nur bei ihm, sondern auch bei zahlreichen anderen "Spitzenpolitikern" aus allen Parteien finden. Um dieses Problem zu lösen, hilft es nicht, Nacktbilder von Kindern umfassender zu verbieten (wie Bundesregierung und Bundestag das im letzten Jahr als Reaktion auf die Affäre Edathy machten). Man muss sich stattdessen überlegen, warum die derzeitige politische Kultur und politische Praxis zu einer charakterlichen Negativauslese führt - und dann handeln.
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