Nun hat das Bundesfinanzministerium auf Nachfrage des Linken-Steuerexperten Axel Troost neue Zahlen über diese heimlichen Steuererhöhungen veröffentlicht. Demnach nimmt der Staat auf diese Weise zwischen 2011 und Ende des laufenden Jahres insgesamt neun Milliarden Euro zusätzlich ein. Und auch im kommenden Jahr wird die kalte Progression die Steuerzahler weitere drei Milliarden Euro kosten. Das erleichtert dem Bund und auch den Ländern den Weg zu ausgeglichenen Haushalten.
Kalte Progression ist ein Fachbegriff aus der Steuertechnik. Um zu verstehen, was da passiert, muss man zwei Dinge bedenken. Erstens ist das Steuersystem progressiv. Das heißt, für jeden zusätzlich verdienten Euro über dem jährlichen Freibetrag fällt ein höherer Steuersatz an. Das endet - von der Reichensteuer einmal abgesehen - bei 52.882 Euro (für Verheiratete das Doppelte), wo der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erreicht ist. Zweitens gibt es Inflation. Die Preise steigen, das gleiche Produkt kostet mehr als zuvor.
Nach Berechnungen des Berliner Steuerprofessors Frank Hechtner haben insbesondere die Einkommensgruppen mit einem Jahresbrutto zwischen 55.000 und 65.000 Euro unter der kalten Progression bis 2014 zu leiden. Einfach aufaddiert kostet sie die heimliche Steuer bis 2014 etwa ein Prozent des Jahreseinkommens, legt man Preise von 2010 zugrunde.
In Euro und Cent nimmt der Staat einem Ehepaar mit zwei Kindern und einem Jahresbrutto von 60.000 Euro zwischen 2011 und 2014 durch die kalte Progression etwa 488 Euro weg. Wer ein Familieneinkommen in doppelter Höhe erzielt, verliert 1329 Euro. Auch Kleinverdiener trifft es. Als Alleinstehender mit 30.000 Euro kostet einen die kalte Progression bis Ende 2014 gut 207 Euro.
Bookmarks