Dem setzte Liam Fox, der wegen Unregelmäßigkeiten zurückgetretene ehemalige britische Verteidigungsminister, in einer vor der neoliberalen "tax payers alliance" gehaltenen Rede nach. Der Leitfaden dieser Rede war "ein Leben außerhalb der EU ist für mich ohne Terror". Er plädiert dafür, das Verhältnis zwischen EU und Großbritannien neu zu gestalten. Allerdings ist er nicht für ein Referendum, welches eine klare Ja/Nein-Fragestellung über einen möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU stellt. Die taktischen Risiken für ein solches Referendum hält er im Gegensatz zu "einigen parlamentarischen Kollegen" für zu groß. Er favorisiert zunächst den Versuch von Neuverhandlungen. Erst wenn diese scheitern, ist Fox für ein Referendum, welches zu einem Austritt führen könnte.
Für die europaskeptische Rechte in der Konservativen Partei sind die Argumente für ein Referendum klar. Die Abgeordnete Nadine Dorries, eine Unterzeichnerin des Briefes an Cameron, fasst sie in einem Blog-Beitrag für die Webseite Conservative Home so zusammen: Die Märkte der Zukunft seien China und Singapur, nicht marode Länder in Südeuropa. Es sei unverständlich, warum man solche Länder mit Steuergeldern finanzieren soll. Mit einem Referendum zum Zeitpunkt der Parlamentswahlen 2015 könne man die Rechtspopulisten der UKIP empfindlich treffen. Ansonsten drohe diese bislang kleine europaskeptische Rechtspartei bis zu 25% auf Kosten der Konservativen zu bekommen. Außerdem könne man mit einem Referendum den bisherigen Koalitionspartner, die Liberaldemokraten, dezimieren.
Diese Hauruck-Methode hat aber Probleme, wie Conservative Home Redakteur Tim Montgomerie schreibt. Er nennt Gründe, warum ein Referendum scheitern könnte. Unter anderem seien einige EU-Maßnahmen wie zum Beispiel die Arbeitszeitdirektive bei bestimmten Wählerschichten durchaus populär. Die Konservativen möchten die Arbeitszeitdirektive loswerden, um in Großbritannien längere Wochen- und Tagesarbeitszeiten einführen zu können. Zum anderen gebe es in der britischen Wirtschaft derzeit keinen Enthusiasmus für eine "Business for sterling"-Kampagne. Britische Großunternehmen seien derzeit dafür, die Vollmitgliedschaft in der EU zu behalten.
Premierminister Cameron sah sich inzwischen genötigt, öfffentlich mit einem Artikel in der Tageszeitung Daily Telegraph auf die neueste EU-Debatte in seiner Partei öffentlich zu reagieren. Darin sprach sich Cameron für das Verbleiben Großbritanniens im gemeinsamen Markt aus. Allerdings ist er auch für eine Neuverhandlung Verhältnisses mit Europa. Sobald es konkrete Ergebnisse gebe, sei er für eine Abstimmung darüber durchaus zu haben: "Die Worte Europa und Referendum können für mich durchaus zusammengehen", so Cameron.
Dieses sehr vorsichtige Statement ist Ausdruck der komplizierten Lage in der Cameron sich befindet. Eigentlich ist er ja selber ein Europaskeptiker. Seine Rolle als Parteichef hat er dem EU-feindlichen Lager in seiner Partei zu verdanken. Diesem hatte Cameron im Rahmen seines Wahlkampfes versprochen, die Konservativen aus der Europäischen Volkspartei im Europaparlament herauszunehmen und eine neue europaskeptische Fraktion aufzubauen. 2009 wurde diese Fraktion, ein Bündnis der britischen Konservativen mit diversen europäischen rechtspopulistischen Organisationen und Einzelpersonen, Wirklichkeit.
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