Mit Wucht hat das Internet bereits den Markt der Printmedien durcheinandergewirbelt. Nun droht den etablierten Verteilwegen des Fernsehens Ungemach. IPTV und Web-TV werden immer attraktiver, und damit wächst auch das Interesse am P2P-Streaming. Während sich einige Anbieter gegen die neuen Vertriebswege wehren, gehen einige Betreiber andere Wege im plötzlich nicht mehr ganz offenen Internet.

Fünf Jahre nach der Einführung kristallisiert sich das Internet Protocol TeleVision (IPTV) neben Kabel, Terrestrik und Satellit deutlich als ein ernstzunehmender vierter Übertragungsweg für TV-Programme heraus. In den USA haben AT&T 2,5 und Verizon bislang 3,2 Millionen Teilnehmer gewonnen, in Europa führt Frankreich mit 4 Millionen Teilnehmern die Nationenwertung an. Hierzulande verzeichnete die Deutsche Telekom als Hauptanbieter im vergangenen Jahr einen Anstieg um 30 Prozent auf 1,3 Millionen Entertain-Kunden.
Das erscheint zwar wenig im Vergleich zu den 19,4 Millionen Anschlüssen des Kabelfernsehens, das rund 50 Prozent der Haushalte erreicht. Doch die Konkurrenten in den beiden Festnetz-Lagern, die im Triple Play mit Fernseh-, Internet- und Telefoniediensten gegeneinander antreten, kommen aus verschiedenen Richtungen und wildern jeweils im Stammgeschäft des anderen. Daher muss man eigentlich die Zahl der IPTV-Abonnenten mit den rund 3 Millionen Telefonkunden der Kabel-TV-Anbieter vergleichen, und diese Zielmarke hoffen die Telekom-Manager bis Ende 2012 zu erreichen.
Spoiler Kontrolle 2.0:
IPTV befindet sich also im Aufwind. Aber hat es auch eine Zukunft? Derzeit entwickelt sich das Ökosystem rund um den Fernsehgenuss der Konsumbürger in eine andere Richtung, als es den Marketing-Strategen der Deutschen Telekom lieb sein dürfte: heraus aus dem umzäunten Park des Netzbetreibers in die vielfältige Wildnis des offenen Internet als fünften und bereits oft bevorzugten Übertragungsweg. Mit dem hat das IPTV, womit das Unternehmen unter der Marke Telekom Entertain rund 180 TV-Programme und knapp 3000 abrufbare Filme über seine VDSL- und ADSL2+-Anschlüsse anbietet, außer dem Internet-Protokoll (IP) nichts gemein; es ist eine geschlossene Veranstaltung unter der Regie des Providers.


Spoiler Umgestöpselt:
Mit den Kabelnetzbetreibern sitzen die IPTV-Provider, was die Konkurrenz der Audio- und Video-Angebote über den fünften, ungemanagten Verteilweg angeht, im selben Boot. Das Angebot der über das Internet frei oder im Abo empfangbarer Streams von TV-Stationen ist kaum noch überschaubar, das Internet kennt zunächst keine geografischen Beschränkungen. (Hilfreich für einen ersten Überblick der verfügbaren TV-Sender ist die umfangreiche Auflistung unter CoolStreaming Platform IPTV - Broadcast your Net-Tv ). Darüber hinaus erstreckt sich die Liste der unzähligen Video-Vertriebsplattformen, mit denen man sich Live-Streams sowie umfangreiche Videotheken erschließen und sich sein TV-Programm unabhängig von Sendezeiten selbst zusammenstellen kann, von Amazon VOD oder ARD über Hulu, Netflix oder YouTube bis zu Zattoo, ZDF oder Zune – diese allerdings sind dann in der Praxis doch wieder geografisch eingeschränkt, die Anbieter sind in der Regel zu einer Geolokalisierung per IP-Adresse gezwungen, die das Streamen außerhalb des lizenzierten Verbreitungsgebiets verhindert. Eine Einschränkung, die allerdings rein lizenzrechtliche und keine technischen Gründe hat.


Spoiler Cord-Cutters - „Guide to Cutting the Cord to Cable TV“:
Unter Überschriften wie „Guide to Cutting the Cord to Cable TV“ kursieren im Web diverse Ratgeber, wie man die Koax-Nabelschnur am besten kappt. Zu glauben, dass das offene Internet nun nahtlos die Versorgung übernehmen kann, ist allerdings etwas verfrüht. Das stellt sich spätestens dann heraus, wenn Wechselwillige sich mit den Details beschäftigen. Vor allem bei Live-Shows und Sport-Events klaffen Lücken, und ohne den Rückgriff auf das digitale terrestrische Fernsehen, also ohne einen Medienbruch, ist die Abnabelung noch nicht zu haben. Zudem muss man seine Nutzungsgewohnheiten etwas ändern und sich bei vielen Live-Übertragungen von Veranstaltungen gedulden, bis sie als Aufzeichnung im Internet verfügbar sind. Kaum jemand zweifelt jedoch daran, dass immer mehr originärer Content über das Internet erhältlich sein wird. Die Kabelbranche nimmt die Konkurrenz jedenfalls sehr ernst.


Spoiler Das Überall-Fernsehen:
Als Vorreiter einer strategischen Neuausrichtung, wie die Branche der Herausforderung begegnen kann, betätigt sich die größte Kabelgesellschaft in den USA, Comcast. Zuerst taufte das Unternehmen seinen Marktauftritt um und fasste seine Triple-Play-Angebote unter dem neuen Markennamen Xfinity zusammen – ein Kunstwort, das für unendliche und plattformübergreifende Inhaltsangebote stehen soll. Dazu wurde eigens ein proprietärer Videoplayer als „Startrampe für die Konvergenz von Fernseher und PC“ entwickelt. Dann eröffnete Comcast mit dem Slogan „We’re TV Online“ das frei zugängliche VoD-Portal Fancast Infinity TV für Unterhaltungsfilme und TV-Shows, dessen werbefinanzierte und Bezahlinhalte aus Vertriebsverträgen mit den Senderketten ABC, CBS, NBC, Fox und etlichen anderen Quellen kommen.


Spoiler Danaer-Geschenk:
Kritiker indes sehen die Kartellaufsicht gefordert. Das Überall-Fernsehen sei eigentlich eine Mogelpackung, meint etwa der Jurist Marvin Ammori von der Universität Nebraska in einem Rechtsgutachten für die Verbraucherschutzorganisation Free Press [1] . Es sei nämlich nur den Comcast-Kabelkunden zugänglich; sollten die anderen Kabelgesellschaften folgen, würden damit die historisch gewachsenen und begründeten Gebietsmonopole ins Internet übertragen – denn wer in einem Cox- oder Cablevision-Gebiet lebt, kann ja nicht Comcast-Kabelkunde werden. Anstatt also im Internet gegeneinander in den Wettbewerb zu treten, behandeln die Kabelgesellschaften es wie ein virtuelles privates Netz und teilen sich den Markt entlang ihrer traditionellen Stammgebiete auf.


Spoiler Konnektivität gegen Medienmacht:
Doch was die Comcast-Manager als zusätzlichen Nutzen ihrer Kunden propagieren, unterläuft tatsächlich das Potenzial des Internet. Das Vorbild des Webradios zeigt ja bereits, dass das Netz der Netze schaffen kann, was alle anderen Übertragungswege aufgrund technischer oder kommerzieller Beschränkungen bisher nicht zuwege brachten: Aus jedem Winkel der Erde sowohl professionelle als auch nutzergenerierte Video- und Audioinhalte in guter Qualität ohne Zwischenhändler in jeden Winkel der Erde zu bringen. IPTV und Kabel-TV hingegen sind lokale Geschäftsmodelle von Netzbetreibern mit der Mängelverwaltung veralteter Übertragungstechniken auf der letzten Meile; der terrestrische Kurzwellenfunk scheidet schon wegen der geringen Bandbreite für globales Videostreaming aus, und die Kosten der Transponderkapazität auf Satelliten werden immer in einer Größenordnung liegen, die die Bewirtschaftung durch Big Player begünstigen und für kleine Programmveranstalter oder Neueinsteiger unerschwinglich bleiben.


Spoiler Multicast? Ja, aber …:
In der Praxis ist Multicast keine Lösung, denn es setzt auf dem gesamten Weg vom Sender zum Empfänger eine durchgängig IP-Multicast-fähige Netzinfrastruktur voraus; es muss aktiviert sein, und dies möglichst nahe bei den Teilnehmern, wo der Verkehr am stärksten aggregiert wird, also insbesondere im Bereich des Zugangsnetzes. Nur: Warum sollte ein Zugangsnetzbetreiber einem fremden Content Provider zuliebe Multicast aktivieren, wenn er davon gar nichts hat?
Für Netzbetreiber gibt es keinen kommerziellen Anreiz, über die Grenzen ihrer eigenen Domäne hinweg das Vervielfachen der Datenströme auf ihren Routern zu implementieren; im Gegenteil müssen sie eher befürchten, sich zusätzliche Risiken mit der Spam-Verteilung einzuhandeln. Deshalb ist Multicast allenfalls in kontrollierten Subnetzen anzutreffen, wie beispielsweise in den vor allem von den ehemaligen Staatsmonopolisten aufgebauten, geschlossenen IPTV-Systemen. Im Grunde ist IPTV auch nichts anderes als ein Content Delivery Network, nur dass im Unterschied zu Akamai und Co. die Edge Server auf eigene Rechnung wirtschaften – ein Zwischenhandel, der die Programme selbst einkauft, auf Videoservern abrufbereit vorhält, über eigene Headends einspeist und via Multicast auf die Settop-Boxen der Abonnenten bringt.


Spoiler Ausweg P2P:
Einen Ausweg bieten die vielgeschmähten P2P-Netze. In Verruf geraten, weil Napster & Nachfolger mit immer ausgefeilteren Protokollen eine zeitlang mit den Verwertungsrechten der Content Provider Katz und Maus spielten, sind darüber die Vorteile von P2P-Architekturen für das Videostreaming etwas in den Hintergrund getreten. Beim P2P-Streaming leitet jeder User, während er seinen Datenstrom herunterlädt, gleichzeitig diesen Strom an einen oder mehrere andere User weiter und trägt so zur insgesamt verfügbaren Downstream-Bandbreite bei. Attraktiv ist das Verfahren wegen seiner Skalierbarkeit: Je mehr Peers sich an der Verteilung beteiligen, desto besser die Gesamtverfügbarkeit und Verlässlichkeit.
Die Architektur von P2P-TV-Systemen kann man sich als eine Art Echtzeit-Version des populären BitTorrent-Filesharing [4] vorstellen – tatsächlich bauen viele aktuelle Entwicklungen auf dem ursprünglichen BitTorrent-Protokoll auf. Wenn der Teilnehmer einen bestimmten Kanal sehen möchte, fragt der Software-Client einen Tracker genannten Index-Server nach den Adressen von Peers, die den gewünschten Kanal verbreiten, und stellt dann Verbindungen zu diesen Peers her, um das kontinuierliche Downstreaming einzuleiten. Der Tracker speichert die Adresse des neu hinzugekommenen Peers als potenzielle Quelle für weitere Nutzer, die dieselbe Sendung anschauen möchten. An die Stelle des Trackers als zentrale Komponente können dabei auch Verfahren mit verteilten Hash-Tabellen treten.


Spoiler Der gordische Knoten:
Es gibt keine grundsätzlichen technischen Hindernisse, die einer P2P-Verteilung selbst von HD-Videoströmen im Wege stünden. Kritische Parameter wie die unvermeidliche Zeitverzögerung sind mit nicht-mobilen Peers, die ständig online sind, wohl in den Griff zu bekommen. Weitere Aufschlüsse werden die Feldversuche im P2P-Next-Projekt bringen (P2P-Next | Living Lab Homepage ). „In Labortests des IRT erwies sich das NextShare-System prinzipiell als rundfunktauglich für Live-TV in DVB-S-Qualität“, berichtet Projektleiter Ronald Nies vom Münchner IRT, der gemeinsamen Forschungseinrichtung der öffentlich-rechtlichen Sender im deutschsprachigen Raum. Er schätzt, dass der Erfolg des P2P-Streaming jedoch „viel mehr von nicht-technischen Faktoren“ abhängen wird.
Eine echte Hürde ist die gegenüber der Downloadgeschwindigkeit meist um den Faktor 1:10 oder sogar 1:20 niedrigere Datenrate im Upload an den DSL-Anschlüssen oder Kabelmodems der Endteilnehmer. Sobald die Uploadkapazität kleiner ist als die Datenrate des empfangenen und weiter zu verteilenden Bitstroms, wird aus dem Peer eine Senke für den empfangenen Stream. Im Unterschied zum P2P-Filesharing oder Video-Downloads auf Abruf ist das Live-Streaming eben zeitkritisch. Deshalb muss für jeden Teilnehmer, der beispielsweise einen 1-Mbit/s-Strom empfängt, im Mittel ein Peer diese Bandbreite praktisch in Echtzeit im Upstream zur Verfügung stellen können.



Quelle und alles ausführlich wird erklärt auf: Die Zukunft von IPTV und Internet-TV | c't

man sollte sich schon ein wenig Zeit nehmen um sich das alles mal durch zulesen, wobei ich auch der Meinung bin das gerade IPTV eine große Zukunft vor sich hat, benutze selber Liga Total (Entertain-TV) von der Telekom und bin sehr zufrieden mit der Qualität und Features die dieses IPTV so liefert.
Wichtig ist allerdings um eine gescheite Bandbreite flächendeckend zu ermöglichen, dass man sich endlich mal einigt und den Glasfaserausbau vorantreibt...

mfg