Tunesiens Revolution ließ politisch die Erde beben. Inzwischen erreichen die Schockwellen auch andere arabische Regime. Noch nie in der modernen Geschichte des Nahen und Mittleren Ostens hat ein arabisches Volk aus eigener Kraft seinen Diktator davongejagt. Und so bangen jetzt auch die anderen Langzeit-Potentaten um ihre Macht.
"Weg mit Mubarak" skandierten zehntausende Menschen in allen großen Städten Ägyptens und riefen "Tunesien, Tunesien". "Brot und Freiheit" forderte die Menge in Amman und "Schluss mit der Unterdrückung". In Tunesien campieren Bürger seit Nächten vor dem Amtssitz von Interim-Regierungschef Mohammed Ghannouchi und verlangen den Rücktritt aller Minister, die in das Regime von Ben Ali verwickelt waren. Auch in Algier tobten Straßenschlachten. Jeden Tag zünden sich Menschen an aus Protest gegen ihre miserablen Lebensumstände – in Marokko, Algerien, Mauretanien und Ägypten. Syrien und Libyen könnten ebenfalls bald betroffen sein.
Ägypten - Seit 30 Jahren ist Hosni Mubarak in Kairo an der Macht. Und das reicht vielen Ägyptern mittlerweile. Da es aber keine freien Wahlen gibt, sehen sie nur eine Chance ihn loszuwerden – mit Demonstrationen.
Wie aufgeheizt ist die Stimmung in Ägypten?
Für die Opposition und Menschenrechtsgruppen am Nil war ihr "Tag des Zorns" am Dienstag ein bisher einmaliger Erfolg. Im ganzen Land gingen Menschen gegen das Regime auf die Straße – so viele wie noch nie in den drei Regierungsdekaden von Hosni Mubarak. Von der extremen Brutalität des Regimes lassen sich die Menschen nicht mehr einschüchtern. "Dieses Land gehört uns allen", riefen Demonstranten, wie vor zwanzig Jahren in Leipzig die Demonstranten "Wir sind das Volk". Doch bis dahin ist der Weg noch lang. Denn die ägyptische Polizei ist berüchtigt für ihre Brutalität, die Opposition berühmt für ihre Zerstrittenheit. Die Parteien sind schwach und desorganisiert, Mubaraks Regierungspartei übermächtig und allgegenwärtig. Einzig die Muslimbruderschaft bildet ein nennenswertes Gegengewicht zum Regime. Doch ihre Mitglieder halten sich in der Regel abseits, wenn zivilgesellschaftliche Gruppen zu Protesten aufrufen.
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