Straßburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in vier Fällen die Sicherungsverwahrung in Deutschland gerügt. Diese Maßnahme sei ein Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Menschenrechtskonvention, hieß es in den Urteilen am Donnerstag in Straßburg.
Ein Fall aus Bayern betraf die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung. Deutsche Gerichte hätten die Unterbringung eines Strafgefangenen zu Präventionszwecken nicht nachträglich anordnen dürfen, hieß es in einem Urteil. Die drei anderen betrafen die Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die zur Tatzeit zulässige Höchstdauer hinaus.
Anders als eine Freiheitsstrafe dient die Sicherungsverwahrung nicht der Sühne der Schuld. Vielmehr soll die Bevölkerung vor gefährlichen Tätern geschützt werden, die ihre Strafe bereits abgesessen haben, aber im juristischen Sinn kein Fall für die Psychiatrie sind. Voraussetzung für die Anordnung ist, dass psychiatrische Gutachter den Täter weiter als gefährlich einstufen.
Geregelt wird die Sicherungsverwahrung durch Paragraf 66 des Strafgesetzbuches (StGB). Danach kann das Gericht bei gefährlichen Straftätern mit dem Urteil eine anschließende Sicherungsverwahrung anordnen (primäre Sicherungsverwahrung). Oder es hält die Möglichkeit einer Anordnung offen (vorbehaltene Sicherungsverwahrung). Juristisch umstritten ist die nachträgliche Sicherungsverwahrung, die 2004 per Bundesgesetz eingeführt wurde. Sie wurde angewandt, wenn sich eine besondere Gefährlichkeit erst in der Haft herausstellte. Mit der Neuregelung der Sicherungsverwahrung, die zum Jahresbeginn in Kraft trat, wurde die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Neufälle im Grundsatz abgeschafft. Für Menschen, die jetzt schon in Haft sitzen, ist sie aber noch möglich.
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