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View Full Version : [FAQ] Systematische Abmahntätigkeit III (20.01.2011)



Snitlev
21.01.11, 17:05
Systematische Abmahntätigkeit III
Die Veröffentlichung der "Jahresbilanz" über das Abmahnwesen 2010 hat für einige Kontroversen gesorgt. Interessant ist jedoch das anders als im Vorjahr sich innerhalb der Abmahnfront kein organisierter Widerspruch erhebt.

Die einzige Wortmeldung ist die Glosse eines Herrn Lampmann http://www.lampmann-behn.de/lbr-blog/2011/01/filesharing-statistik-2010-und-sechs-populare-abmahnungs-irrtumer/ (http://www.lampmann-behn.de/lbr-blog/2011/01/filesharing-statistik-2010-und-sechs-populare-abmahnungs-irrtumer/) der als mitverantwortlicher Rechtsanwalt bezeichnenderweise das Werk "Die Beschissenheit der Dinge abmahnt" http://www.urheberrecht.justlaw.de/abmahnung/camino-filmverleih.htm (http://www.urheberrecht.justlaw.de/abmahnung/camino-filmverleih.htm).

Da der Mann so überaus witzig und eloquent ist nehme ich heute einen seiner Gedanken auf: "Übertragen auf das Filesharing: Bedeuten mehr Abmahnungen mehr Straftaten im Filesharingbereich? Oder nur, dass eine ähnliche Anzahl konsequenter verfolgt wird?"



In der Statistik wird eine Abmahnanzahl von 27.440 Abmahnungen notiert. Hiervon sind eine ungefähre Anzahl von sagen wir mal 22.000 (der Herr Lampmann kann mir ja die exakte Anzahl gerne ermitteln) einer bekannten Rechteverfol... ähm... Verzeihung! ... Rechtekonsequentverfolgungstauschbörsenverwertungs mbH zuzuschreiben. Diese geht mit einem Nominalpauschalabgeltungsbetrag in Höhe von 422,00€ vor, hat aber an die Kanzlei bereits vollständige Rechnungen im Sinne von vollständig entstandenen Rechtsanwaltskosten aus dem berüchtigten Streitwert 10.000,00€ bezahlt.

Für die Erfolgsrechnung verwende ich eine Forderungsgesamtgröße von 22.000x422,00€ = 9.284.000,00€. Der hieraus resultierende Geldeingang bei einer Zahlerquote von 40% ergibt 3.713.600,00€.

Soweit zum Bereich der konsequenten Rechtsverfolgung. Denn die Kanzlei kann nun mittlerweile nicht mehr konsequent rechtsverfolgen da man ihr aus nicht bekannten Gründen das Mandat entzogen hat. Verbleiben also offene Forderungen in Höhe von 5.570.400,00€.

Zur konsequenten Rechtverfolgung wurde nun ein nächste Kanzlei eingeschaltet die Massenvergleichsangebote über 100€ an einen gewissen Anteil der säumigen Zahler versandt hat. Hier kann man von etwa 9 500 Angeschriebenen ausgehen, von denen sicherlich einige bezahlen. Nehmen wir realistisch die Hälfte ergibt sich ein Sondereingang in Höhe von 475.000,00€.

Der aktuelle Wert pro Abmahnung liegt also bei einem Eingang von 4.188.600,00€ bei genau 190,39€ von denen zwei Anwaltskanzleien (oder nur eine?), eine Loggerbude die angeblich 80,00€ pro Nase bekommt und Auskunftsverfahren (Spottbillig) bezahlt würden müssten. Macht also knappe 105,00€ pro Abmahnung. Schadensersatz wird iÜ nicht geltend gemacht und damit mutmaßlich mit der Loggerbude abgewickelt was sicherlich eher das Finanzamt als mich interessieren dürfte.

Man könnte jetzt abschließen und "Hurrah" jubeln, denn insgesamt wird ... ja auf 100,00 gedeckelt, wobei die Zahler die RA-Kosten-Deckelung finanzieren ... so wie sich das der Gesetzgeber bestimmt gedacht hat.

Wir reden hier aber über das Thema der konsequenten Rechtsverfolgung. Insofern ist zu erwarten, dass alle verbliebenen Restzahler vollständig ausgeklagt werden. Hierfür wird zuvor eine Rechung der neuen Kanzlei bezahlt, die (Doppelabmahnungen weggelassen, also ein nach unten zu verbessernder Wert) bei 8 450 Nichtzahlern 5.507.710,00€ umfaßt. Zusätzlich sollen auch die 80,00€ Ermittlungsgebühr und die Auskunftskosten bezahlt sein ... nochmals etwa 750.000,00€.

Nun, da ich bestimmt zu dumm bin um die Frage zu beantworten muß sie uns der Herr Lampmann beantworten: Glaubt irgendjemand in Deutschland im Ernst das eine Summe von 6,26 Milllionen € bewegt wird um die konsequente Rechtsverfolgung zu finanzieren?

Da glaube ich als dummer Mensch doch eher an ein dereinstiges verscherbeln der Forderungen an eine Inkassobude, die die Leute am Ende der Verjährungsfrist abplagt, mit Billig-Angeboten Mahnbescheide beantragt und den Rest der nicht bezahlt irgendwann einstampft ... so wie man das von den bereits verjährten Abmahnungen der Rechtekonsequentverfolgungstauschbörsenverwertungs mbH (ohne Inkasso) vermuten darf.


Quelle: Shual IV: Systematische Abmahntätigkeit III (http://vsberg.blogspot.com/2011/01/systematische-abmahntatigkeit-iii.html)

Auch wenn ich weiß dass man hier nicht gerne Blog-Einträge sieht, so finde dass dies ein sehr interessanter Beitrag zum Thema Abmahntätigkeit ist.

mfg