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View Full Version : Erster künstlicher Organismus "Sie sollen tun, was wir wollen"



Snitlev
21.05.10, 10:02
Die Menschheit kann jetzt Leben schaffen. Wissenschaftler um Craig Venter haben einen künstlichen Organismus erzeugt: am Computer konstruiert, im Labor erweckt. Der legendäre Forscher erhofft sich von neuen Wesen revolutionäre Eigenschaften - tatsächlich ist er seiner Vision näher denn je.
Und am achten Tag erschuf Craig Venter künstliches Leben.


Ein lebensfähiges Bakterium mit einem vollständig künstlichen Genom hätten sie hergestellt, berichten die Forscher vom Craig Venter Institute in Rockville aus den USA im Wissenschaftsmagazin "Science". Die Forscher beschrieben, wie sie Gene eines Bakteriums aus einzelnen Erbgut-Stückchen nachbauten und das so entstandene Kunstgenom in eine andere Bakterienart einsetzten. Die Folge: Das Original-Erbgut der Zelle wurde abgestoßen. Stattdessen produzierte die gekaperte Zelle nur noch Stoffe, die auf dem künstlichem Erbgut gespeichert waren. So entstand eine Zelle, die von dem fremden Genom kontrolliert wurde - die Forscher sprechen von einer "synthetischen Zelle".

Quelle: Erster künstlicher Organismus: "Sie sollen tun, was wir wollen" - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,696057,00.html)

Einerseits einfach fantastich zu was man heute fähig ist und was die Forschung so mit sich bringt, aber anderseits auch sehr beängstigend und erinnert mich an so einige düstere Zukunftsscenarien aus der Kinowelt.
Ich kann nur hoffen das dieses immer nur sinnvoll angewendet wird und man nicht versucht Gott bzw. Frankenstein zu spielen und die Versuche nicht mehr unter Kontrolle zu haben...

mfg

kazuya
21.05.10, 10:55
Ich kann nur hoffen das dieses immer nur sinnvoll angewendet wird und man nicht versucht Gott bzw. Frankenstein zu spielen und die Versuche nicht mehr unter Kontrolle zu haben...

davon kannst du nur träumen

transgressive
21.05.10, 17:39
Ich hoffe ja inständig, dass das ganze "Wir sollen nicht Gott spielen!"-Gejammer sich bald wieder legt. Weil a) sind wir vor einer kommerziellen Anwendung/Freilandanwendung noch meilenweit entfernt, b) grade weil das Genom um nachgebaut werden zu können gut bekannt sein muss auch die Folgen relativ gut erforscht sind und c) dieser pseudoreligiöse "oh Hybris!"-Chor zumeist von der konkreten Forschung keine Ahnung hat, aber gerne mal den gesellschaftlichen Diskurs dazu kapert, pseudokonservative Ansichten zu verlautbaren. Und ich keine Ahnung habe, was das z.B. mit Stammzellen oder Verhütung zu tun hat, aber sicher bald genug in diesem Kontext davon lesen werde.

Se7Ven
21.05.10, 19:26
Das Thema Erbgutsmanipulation polarisiert enorm und es bleibt eine präzise Zielsetzung offen ebenfalls sind die unterschiedlichen Ansätze der Vermarktungsstrategien als suspekt zu bezeichnen.

Notwendigerweise benötigen wir gerade innerhalb der Genforschung und ebenso im gesellschaftlichem Sinne einen erforderlichen Diskurs hier sollten die konkreten Fragen nach der Ethik sowie der Grenzen einer Vermarktung der DNA Forschung kontrovers gestellt werden.


Browse the Talk.Origins Archive (http://www.talkorigins.org/origins/faqs.html)

Has Venter made us gods? | Andrew Brown | Comment is free | guardian.co.uk (http://www.guardian.co.uk/commentisfree/andrewbrown/2010/may/20/craig-venter-life-god)

v6ph1
21.05.10, 21:03
Es wurde jetzt nur eine Entwicklung fortgeführt, die schon absehbar war:

Es gibt bereits sehr über 10 Jahren Einzeller (Bakterien), die fremde DNA eingebunden haben und die daruf kodierten Stoffe produzieren.
Das beste Beispiel dürfte die Insulin-Produktion sein, die genauso abläuft.

Jetzt wurde es geschafft, aus dem Wissen über einzelne Bakterien sich eine passgenaue DNA zusammenzubasteln, sodass das entstandene Bakterium genau das produziert, was es soll.
Nix besonderes, sondern die einfache Fortführung der DNA-Anpassung von Bakterien.

Wir haben also in Zukunft ein Bakterium, welches nötige Arzneien in höherer Dosis und mit weniger Nebenprodukten herstellen kann.

Davon, ein mehrzelliges Lebewesen zusammenzustellen, sind wir noch weit entfernt.
Die Länge der DNA von Bakterien beträgt nur ca. 1000 Basenpaare - bei Säugetieren/Menschen sind es dagegen ca. 3 Milliarden Basenpaare.*1

mfg
v6ph1

* Als Vergleich könnte man den Fermi-Grafikchip nehmen, der 3Mrd. Transistoren besitzt - selbst der 8Bit-Prozessor 8080 (Vorgänger des legendären 8086, der die heute übliche Architektur begründet hat) besaß 6000 Transistoren. Berücksichtigt man nun, wie lange diese Entwicklung gedauert hat, so brauchen wir sicher noch 30-40 Jahre, bis die Möglichkeit besteht, ein menschliches Genom komplett zusammenzubauen.
Ein anderes Problem ist aber das Verstehen von Fremdentwicklungen - bei kleinen Teilen geht das noch recht leicht (Bakterien, 8086,...) bei Fermi wäre ein Reverseengenering nahezu unmöglich - ebenso sieht es beim Menschlichen Genom aus, welches nochmals deutlich komplexer im Aufbau ist.

mabuse
23.05.10, 17:47
Ich hoffe ja inständig, dass das ganze "Wir sollen nicht Gott spielen!"-Gejammer sich bald wieder legt.
Richtig!


Die Forscher beschrieben, wie sie Gene eines Bakteriums aus einzelnen Erbgut-Stückchen nachbauten und das so entstandene Kunstgenom in eine andere Bakterienart einsetzten.
Was ist daran denn so künstlich? Künstlich ist, wenn komplett am Reisbrett entstanden, und nicht einfach nur das Erbgut von fünf oder sechs Viechern gemischt.

Bisher klauen wir nur Ideen aus der Natur und setzen die etwas anders zusammen. Das ist von einem natürlichen Organismus lange nicht so weit entfernt wie das Auto vom Pferd oder vom Ochsen-Karren.

Aber mit den bösen Genen können Greenpeace und Okös ja prima diffuse Zukunftsängste schüren und ihre Spenden erhöhen . . .

Se7Ven
25.05.10, 23:40
Es geht natürlich nicht darum künftige Menschheitsprobleme zu verdrängen in dem wir die Gentechnologie verteufeln oder gar komplett ablehnen ...allerdings gilt es doch präzise zu analysieren wo der Mensch gerade mit dem Baukasten des Lebens sich wieder als ein allmächtiger Gott aufspielen möchte.

hier gibt es zu dem Thema noch einige interessante Informationen

http://docs.google.com/viewer?url=http://www.testbiotech.org/sites/default/files/risk-reloaded.pdf

supermarrioh
26.05.10, 00:46
Ich habe beim ersten lesen "Erster künstlicher Orgasmus - Sie sollen tun, was wir wollen" gelesen...
scnr,b2t ;)
Könnte ein großer schritt für die Biomechanik sein, Werkstoffe nach maß züchten ist vlcht. bald machbar.

Se7Ven
26.05.10, 02:02
Wo soll das hinführen zu einer Patentierung von Lebewesen und wer soll dieses bestimmen oder gar regulieren dürfen... sind die technischen sowie sozialen Risiken insofern die daraus resultierenden Missbrauchsmöglichkeiten nicht enorm hoch...

supermarrioh
26.05.10, 11:11
Ähm, ja.
Du weißt schon das es hier um Bakterien geht?
Das einzige was man damit fieses machen kann ist Krankheiten Züchten, sonst fällt mir keine Missbrauchsmöglichkeit ein. Und Krankheiten züchten kann man schon lange.

mabuse
27.05.10, 12:15
sind die technischen sowie sozialen Risiken insofern die daraus resultierenden Missbrauchsmöglichkeiten nicht enorm hoch...
Das ist richtig.

Aber du hast das eigentlich Problem noch gar nicht erkannt.
Die Gentechnologie ist eine spottbillige Technologie.
Mit einer Laborgrundausrüstung im einstelligen Millionenbereich (und das sind dann gute, neue Geräte! geht auch noch billiger) kann man schon loslegen. Verglichen mit den nötigen Investitionen im Maschinenbau oder gar der Mikroelektronik ein Witz!

Und jetzt kombinier das mit der Tatsache, das auch die ganzen Entwicklungs-/Schwellenländer ein kleines Stückchen vom weltweiten Wirtschaftskuchen abhaben möchten. Bei den etablierten Technologien können die weder die nötigen Investitionen stemmen, noch werden sie jemals unseren Vorsprung aufholen. Also . . . wo werden die wohl versuchen, Fuß zu fassen?
Und dabei an den nötigen Sicherheitsvorkehrungen sparen!

Früher oder später wird irgendwas ganz Schreckliches passieren.
Aber nicht, weil die Gentechnik an sich böse ist, sondern weil wir Bedenkenträger es geschafft haben, uns das Helt aus der Hand nehmen zulassen und den Fortschritt Leuten überlassen haben, die für Sicherheitsmaßnahmen kein Geld haben.

Se7Ven
27.05.10, 16:00
Früher oder später wird irgendwas ganz Schreckliches passieren.
Aber nicht, weil die Gentechnik an sich böse ist, sondern weil wir Bedenkenträger es geschafft haben, uns das Helt aus der Hand nehmen zulassen und den Fortschritt Leuten überlassen haben, die für Sicherheitsmaßnahmen kein Geld haben.


Die Erforschung des Lebens kommt n erster Linie der Medizin zugute logischerweise gibt es riskante und ethisch fragwürdige Anwendungen innerhalb dieser speziellen Forschung insofern ist ein höchstmögliches Maß an Verantwortung entscheidend.

Wenn zukünftig die Anwendungen in der Praxis konkret in Aussicht stehen und ihre Wirkungen bekannt sind können wir auch definitiv prüfen ob wir Gott spielen oder nur Profit orientiert denken ohne ein soziales Gewissen zu entwickeln.

mabuse
28.05.10, 01:48
Die Erforschung des Lebens kommt n erster Linie der Medizin zugute
Sei bitte nicht beleidigt, aber . . . hast du in Geschichte geschlafen?
Jegliche neue Technologie findet ihre ersten Anwendungen im militärischen Bereich.

Ich geh eigentlich davon aus, das das von mir angesprochene Schlimme bereits passiert ist, aber das geht jetzt mehr in Richtung Verschwörungstheorie.


logischerweise gibt es riskante und ethisch fragwürdige Anwendungen innerhalb dieser speziellen Forschung insofern ist ein höchstmögliches Maß an Verantwortung entscheidend.
Ethik ist ein gesellschaftlicher Maßstab, der Veränderungen unterworfen ist.
Und sobald (genug) Geld im Spiel ist, verändert die sich rasant schnell, da kann man mit dem richtigen Marketing einiges erreichen.


Wenn zukünftig die Anwendungen in der Praxis konkret in Aussicht stehen und ihre Wirkungen bekannt sind können wir auch definitiv prüfen ob wir Gott spielen oder nur Profit orientiert denken ohne ein soziales Gewissen zu entwickeln.
Ja, aber nur für uns, nicht für andere.

Eines Tages (in gar nicht allzu ferner Zukunft) wird es möglich sein, beispielsweise die Augenfarbe seines Kindes festzulegen. Und Ethik hin oder her, irgendwo wird es angeboten werden. Und es wird genug Deppen geben, die Geld dafür ausgeben werden. Und, was ist daran schlimm?

Bevor ihr auf diese Frage eine vorschnelle Antwort gebt, denkt es bis zum Ende durch.

Es gibt ein elementares Naturgesetz, das lautet: der Starke überlebt, der Schwache stirbt. Das hat nichts mit Ethik zu tun, sondern mit Evolution, denn dahinter steht, das der Starke aufgrund der höheren Lebenserwartung eine größere Chance hat, sich fortzupflanzen. Sprich: seine Gene weiterzugeben.

Nun, wir Menschen verstoßen durch unsere moderne Medizin gegen dieses Naturgesetz. Ich verstoße dagegen, weil ich kurzsichtig bin. Biologisch betrachtet ein Nachteil - streng genommen sollte die Natur dafür sorgen, das meine Chancen, mich fortzupflanzen, geringer sind als bei Leuten, die in dieser Beziehung nicht beeinträchtigt sind (kein Sorge, ich hab nicht vor, mich zu vermehren :biggrin:).
Ich überliste die Evolution mit meiner Brille.

So, und jetzt kombiniert das ganze mit dem obigen.
Angenommen, man könnte durch einen kleinen genetischen Eingriff nicht nur die Augenfarbe festlegen, sondern auch verhindern, das seine Kinder mal eine Brille tragen müssen . . . ich würd's machen.

Gar nicht zu reden von richtigen genetischen Problemen wie Diabetis, Alzheimer, Veranlagung zu Krebs, verschiedene Allergien. Mit der Gentechnik können wir irgendwann mal unsere Evolution in unsere eigenen Hände nehmen - und das wird auch nötig sein, denn sonst wird das Pendel in die andere Richtung ausschlagen weil sich bei uns "schlechte" Gene ungehindert fortpflanzen.

Ich geh davon aus, das sich kommende Generationen köstlich über uns amüsieren werden. Genetische Manipulation am Menschen sind schon absehbar - aber genetisch veränderte Lebensmittel sind Pfui bah.

Es ist möglich, also wird es auch gemacht werden. Wenn nicht bei uns, dann irgendwo anders auf der Welt. Und natürlich wird es auch ethisch fragwürdige Dinge geben. Beispielsweise speziell gezüchtete Supersportler, die Goldmedaillien bei Olympia einfahren. Da müssen wir einfach durch - aber das war ja eigentlich bei jeder technischen Entwicklung bisher so, warum soll das hier anders sein? Unterm Strich werden die Vorteile bei weitem Überwiegen.

Se7Ven
28.05.10, 02:34
Korrekt es ist praktisch jede Technologie waffenfähig und militärisch nutzbar allerdings bin ich der Meinung sollte dieses Potenzial in erster Linie medizinisch genutzt werden.

Keineswegs sollten wir aufhören zu entwickeln oder auch zu forschen allerdings sollte diese Forschung überwiegend zu friedlichen Zivilen Nutzen eingesetzt werden und der militärische Bereich mit starken Auflagen zur Sicherheit belegt werden.