Ganz ohne Musik, die radikale Islamisten so missbilligen, geht es auch in ihren eigenen Propaganda-Videos nicht. Zu ihren religiösen Gesängen zeigen sich dort vollbärtige Gestalten, die in Wuppertal für ihre Auffassung von Recht und Ordnung auf Patrouille gehen: Eine „Scharia-Polizei“ ist in der Großstadt im Bergischen Land unterwegs „auf Streife“.
Es ist der jüngste PR-Coup der salafistischen Szene in Wuppertal. Und er alarmiert jetzt sogar die Bundesregierung. "Die Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet", sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bild-Zeitung.
"Niemand darf sich anmaßen, den guten Namen der deutschen Polizei zu missbrauchen. "Ähnlich äußerte sich Justizminister Heiko Maas. Der SPD-Politiker betonte, Deutschland sei ein Rechtsstaat: "Für die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist allein der Staat verantwortlich - keine selbsternannte "Scharia-Polizei". Klar ist damit auch: Eine illegale Paralleljustiz werden wir nicht dulden."
Die Politik in Nordrhein-Westfalen sieht bislang wenig rechtliche Handhabe, um gegen die Salafisten vorzugehen - dennoch ordnete Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Samstag an, die Westen mit dem Aufdruck „Shariah Police“ sofort sicherzustellen, sollten die radikalen Islamisten damit erneut in der Öffentlichkeit auftauchen, wie ein Ministeriumssprecher erklärte.
Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer ging sogar noch weiter. Er forderte, die Werbung für die unbedingte Einhaltung der Scharia "unter Strafe zu stellen". Dem Tagesspiegel sagte Mayer: "Der Staat darf es nicht hinnehmen, dass eine radikale islamistische Minderheit auf unseren Straßen einen religiösen Verhaltenskodex propagiert, der sich über deutsches Recht stellt." Zugleich mahnte er eine stärkere Überwachung der Salafisten an. "Der Verfassungsschutz in Bund und Ländern muss die Szene in Zukunft noch genauer observieren", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman A. Mazyek, verurteilte ebenfalls die Aktion der Salafisten scharf: "Diese paar Halbstarken sprechen nicht in unserem Namen", sagte er am Samstag dem Tagesspiegel. "Diese Leute betreiben eine Zweckentfremdung unserer Religion. Sie schaden mit dieser schrillen und völlig unsinnigen Aktion den Muslimen ungemein." Mazyek forderte allerdings gleichzeitig, der Aktion nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.
Im Mai war in Wuppertal ein salafistisches Zentrum eröffnet worden, der radikale Prediger Pierre Vogel trat als Redner auf. „Die hatten einen ziemlichen Zulauf“, sagt eine Polizeisprecherin. Doch danach war es ruhiger geworden, der Mietvertrag für das Zentrum wurde gekündigt: Im Dezember müssen die Salafisten raus.
Salafisten - "das ist eine höchst gefährliche Truppe"
Dennoch: Bei der Vorstellung des jüngsten Verfassungsschutzberichtes wurde Wuppertal als Hochburg der Salafisten genannt, deren Anhängerschaft in Nordrhein-Westfalen inzwischen auf 1.800 gestiegen ist. Für den Wuppertaler Integrationsbeauftragten Hans-Jürgen Lemmer ist der Auftritt der „Scharia-Polizei“ eine „gezielte Provokation“. „Das ist eine höchst gefährliche Truppe, die für den Heiligen Krieg rekrutiert“, sagte er der „Westdeutschen Zeitung“. Die Aktion hat ihr Vorbild in London: Dort patrouillierten Islamisten bereits vor einem Jahr nachts durch die Straßen.
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