Hunderte bärtige Männer, die unter Kriegsgeschrei mit Fahnenstangen und Messern auf Polizeibeamte losgehen und Steine auf Sicherheitskräfte werfen. Uniformierte, die sich mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen die Angreifer wehren. Zurück bleiben 29 verletzte Polizisten und zahllose verwüstete Vorgärten. Mehr als hundert mutmaßliche Gewalttäter werden festgenommen. Gegen einen 25-jährigen Angreifer hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Haftbefehl wegen Mordversuchs an Polizisten erlassen.
Die beschriebene Szene spielte sich am Samstag nicht etwa in Kairo, Tunis oder Sanaa ab, sondern vor der König-Fahd-Akademie mitten im sonst so beschaulichen Bonn-Bad Godesberg. Mit dem Gewaltexzess ist ein seit Wochen schwelender Konflikt zwischen zwei ideologisch verbohrten, extremistischen Splittergruppen endgültig eskaliert, die mit ihrem Privatkrieg den Staat herausfordern.
Da ist auf der einen Seite die Bewegung Pro-NRW, eine rechtsextreme Kleinstpartei mit weniger als tausend Mitgliedern, die mit dem Slogan "Freiheit statt Islam" im den nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf wirbt. Ihr Versuch, in den Düsseldorfer Landtag zu ziehen, ist aussichtslos, aber mit öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen vor Moscheen und anderen muslimischen Einrichtungen will Pro-NRW zumindest so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie möglich.
Ihr Gegenstück sind die immer aggressiver auftretenden Salafisten. Diese neofundamentalistische Strömung des Islams sorgt seit Wochen für Aufregung, weil ihre Anhänger in deutschen Innenstädten Übersetzungen des Korans gratis verteilen. Die Radikalen, zu denen sich bundesweit etwa 5000 Muslime bekennen, stilisieren sich selbst zu den Verteidigern des Islams, die ihre Religion vor den Ungläubigen beschützen müssten. Von extremistischen Predigern fanatisiert, lassen sich die Salafisten von muslimischen Vertretern, die zur Mäßigung aufrufen, überhaupt nicht mehr beeinflussen.
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