Im Falle einer Schutzrechtsverletzung ist der Verletzer (Störer) nach herrschender Rechtssprechung (vgl. BGH NJW 2007, 1458) verpflichtet, dem Abmahner dessen mit der Abmahnung verbundenen Aufwendungen über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Zu diesen Aufwendungen gehört die dem beauftragten Rechtsanwalt geschuldete Vergütung, soweit der Abmahnende diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewendet hat und sie für erforderlich halten durfte. In diesem Sinne notwendig sind Aufwendungen für anwaltliche Tätigkeit, die nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen wie z.B. des RVG unvermeidlich sind. Der Amahnende, welcher anwaltlichen Beistand in Anspruch nimmt, ist kraft des Mandatsvertrages Vergütungsansprüchen des Rechtsanwalts nach Maßgabe des diesem erteilten Auftrags und der von ihm erbrachten Tätigkeit ausgesetzt. Ein die gesetzliche Vergütung nach dem RVG übersteigendes Honorar zu zahlen, ist er als Auftraggeber nicht verpflichtet. Einem diesbezüglichen Verlangen des Rechtsanwalts muss er nicht nachkommen, vielmehr hat er die Wahl und erstattungsrechtlich die Verpflichtung, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der keine die Sätze des RVG übersteigende Vergütung fordert. Geht er auf ein solches Verlangen gleichwohl ein, ist der Aufwand in Höhe der Differenz zwischen den Sätzen des RVG und dem Mehrbetrag nicht erforderlich, sondern ein freiwilliger und nicht erstattungspflichtiger Aufwand.
Wird zwischen Auftraggeber und Rechtsanwalt eine Vergütung vereinbart, die die gesetzlichen Bestimmungen des RVG unterschreitet, und ist dies formgerecht geschehen (§ 3 a RVG), kann die Notwendigkeit dieses Aufwandes nicht in Frage gestellt werden.
Grundlage einer gerichtlichen Geltendmachung von abmahnungsbedingten Rechtsanwaltskosten sind jene Gebühren und Auslagen, die der Rechtsanwalt dem Auftraggeber aus Anlass der Abmahnung berechnet hat.
Soweit eine verbindliche Vergütungsvereinbarung, z.B. Pauschale oder Zeithonorar, besteht, welche die gesetzlichen Gebühren nicht übersteigt, bleibt sie auch im Rechtsstreit gegen den Schutzrechtsverletzer (im Außenverhältnis) maßgeblich. Es ist nicht zulässig, dass mit der Zielrichtung eines erhöhten Gebührenaufkommens für den Anwalt dieser mit dem Auftraggeber nachträglich die Vereinbarung trifft, wonach dieser nunmehr eine höhere Vergütung schuldet als zuvor. Eine derartige Vereinbarung macht die daraus abzuleitende höhere Vergütung nicht zu einer notwendigen im Sinne von §§ 683 S. 1, 670 BGB. Dies gilt auch insoweit, als nunmehr in Abkehr von einer bestehenden Vergütungsvereinbarung die höhere gesetzliche Vergütung nach dem RVG geschuldet werden soll.
-4 IV.
Soweit die anwaltliche Abmahnung die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG, d. h. eine Rahmengebühr mit einem Rahmen von 0,5 bis 2,5 der Gebühr ausgelöst hat, hat nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG der Rechtsanwalt — und nur er – die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Das ihm eingeräumte billige Ermessen bei der Bestimmung von Rahmengebühren gemäß § 315 Abs. 2 BGB übt der Rechtsanwalt durch Erklärung gegenüber dem Auftraggeber aus. Eine solche Erklärung liegt in der Regel in der Erstellung und Übersendung einer Kostenberechnung. Mit dem Zugang der Erklärung über die stattgefundene Ermessensausübung beim Auftraggeber wird diese wirksam und das Bestimmungsrecht des Rechtsanwalts verbraucht. Dies führt zu einer grundsätzlichen Bindung an die getroffene Gebührenbestimmung (BGH NJW 1987, 3203; KG JurBüro 2004, 484; OLG Köln RVG-Rep. 2010, 138). Dies gilt ebenso für die Bestimmung des Gegenstandswertes, wo dieser nach billigem Ermessen zu bestimmen ist, etwa nach § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 3 ZPO oder nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (OLG Köln AGS 1993, 34).
Ausnahmsweise entfällt die Bindung des Rechtsanwalts an die Gebührenbestimmung, wenn
- der Rechtsanwalt sich eine Erhöhung der Rahmengebühren mit der Berechnung ausdrücklich vorbehalten hat (OLG Köln RVG-Rep. 2010, 138),
- der Rechtsanwalt nach Erstellung der Kostenberechnung weiter tätig geworden ist und seine Bemühungen sich umfangreich und /oder schwieriger gestaltet haben, als dies im Zeitpunkt seiner vorangegangenen Berechnung der Fall gewesen ist.
-5V.
Daraus folgt:
1.)
Gibt der Rechtsanwalt des Abmahners zusammen mit dem Abmahnungsschreiben auch die bei ihm angefallenen Gebühren nach RVG Nr. 2300 VV bereits bekannt und fordert zu deren Erstattung auf, ohne durch Abrechnung gegenüber dem Auftraggeber sein Bestimmungsrecht verbraucht und sich damit gebunden zu haben, bleibt für den Fall des nachfolgenden Rechtsstreits über die Erstattung der Anwaltskosten Raum, die Gebühr und ggfs. den Gegenstandswert unter Berücksichtigung auch veränderter Umstände bei der Bemessung der Kriterien des § 14 RVG neu zu bestimmen.
Hat der Rechtsanwalt gegenüber dem Auftraggeber bereits abgerechnet und sein Bestimmungsrecht ausgeübt mit der Folge der grundsätzlichen Bindung an die Berechnung, so gilt diese Berechnung auch im Verhältnis zum Abmahnungsschuldner, d. h. er kann nicht, sofern nicht offenbare Abrechnungsfehler oder durch nachträgliche wesentliche Änderungen der Kriterien des § 14 RVG vorliegen, einen höheren Aufwand geltend machen. Ungeachtet dessen kann das Prozessgericht den Gegenstandswert und den vom Rechtsanwalt bestimmten Gebührerisatz eigenständig beurteilen und ggfs. korrigieren mit der Folge, dass die gerichtliche Beurteilung sich auf das Abrechnungsverhältnis zwischen Partei und Rechtsanwalt gleichfalls korrigierend auswirkt, indem der Rechtsanwalt seine ursprüngliche Berechnung an die gerichtliche Beurteilung anpasst.
2.)
Gibt der Rechtsanwalt zusammen mit der Abmahnung dem Gegner seine Kostenberechnung bekannt, die inhaltlich hinter den Sätzen des RVG zurückbleibt, so ist und bleibt diese sowohl im Verhältnis zum Auftraggeber als auch gegenüber dem Dritten maßgeblich, denn sie ist losgelöst von Gegenstandswert und Gebührensatz und deren Angemessenheit, deren Aufwand notwendig.
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