Jahrelang haben die Alten an den Jungen herumgenörgelt: Sie seien zu angepasst, zu ichbezogen, hätten keinerlei Visionen und Ideale. Jetzt gibt es auf einmal eine Bewegung der 68er-Kinder: die Piraten - eine Partei, deren Anhänger im Durchschnitt 30 Jahre alt sind. Und wieder passt es den Alten nicht. Dieses Geschimpfe ist wohlfeil.
Quelle: Erfolg der Piratenpartei - Endlich haben wir unseren Generationenkonflikt! - Politik - sueddeutsche.deEs ist zum Heulen: Jahrelang mussten sich die Kinder der 68er von ihren Eltern anhören, sie seien zu angepasst, zu ichbezogen, hätten weder Ideale noch Visionen und bekämen nicht mal eine ordentliche Jugendbewegung hin. Jetzt gibt es auf einmal eine Bewegung der 68er-Kinder: die Piraten - eine Partei, deren Mitglieder und Wähler im Durchschnitt 30 Jahre alt sind. Und schon wieder passt es den Alten nicht. Sie meckern über fehlende Inhalte und eine chaotische Struktur.
Doch was ihnen eigentlich nicht passt, ist, dass sich die Piratenpartei nicht mit den Kategorien fassen lässt, die sie selbst einmal in grauer Vorzeit für ihre eigene Revolte definiert haben: Wie, die haben keine Meinung zu Krieg oder Frieden in Afghanistan? Wie, die haben keine Frauenquote? Wie, die wissen nicht mal, ob sie rechts oder links sind? Den Piraten werden ständig Schablonen übergestülpt, die die Alten für wichtig halten.
Schon mit dem Auftreten der Piraten kommen die Eltern nicht klar. Die sind ja so brav! Wollen keine Weltrevolution, sondern nur ein bisschen Internet für alle! Wenn man sie angreift, lächeln sie höflich und bedanken sich für die konstruktive Kritik! Und ausgerechnet die wollen das System verändern? Man könnte fast glauben, dass die Eltern es besser fänden, wenn junge Leute Steine in Schaufenster werfen und Autos anzünden würden.
Rösler und Lindner - so absolut FDP
Quelle: Erfolg der Piratenpartei - Rösler und Lindner - so absolut FDP - Politik - sueddeutsche.deWährenddessen machten sich die Alten in den Parteien, Parlamenten und Medien breit, verwässerten erst die soziale Marktwirtschaft in Deutschland und dann ging auch noch Europa den Bach runter. Es wurde also höchste Zeit, dass die Jungen endlich aus ihrer Schockstarre aufwachten. Denn wer soll denn bitte die Welt von morgen gestalten, wenn nicht diejenigen, die darin leben werden?
Jetzt kann man natürlich sagen, dass es schon vor den Piraten junge Leute in der Politik gab, Philipp Rösler und Christian Lindner zum Beispiel. Aber die könnten genauso gut 50 sein. Sie sind so absolut glatt, so absolut angepasst, so absolut gesichtslos, so absolut karrieristisch. So absolut FDP. Und dann erst Familienministerin Kristina Schröder! Die ist zwar jung, aber an ihrer Politik merkt man das nicht. Betreuungsgeld, also echt! Die Idee hätte besser in die 1950er Jahre als ins 21. Jahrhundert gepasst.
Früher einmal, da konnte man die Grünen gut finden. Heute aber ist von deren fortschrittlichen Ideen außer jugendlich gefärbten Haaren und bunten Schals nicht mehr viel übrig. Eine Partei, die ihre Popularität großteils daraus speist, gegen Bahnhöfe, Straßen und Flughäfen zu protestieren? Da könnte man ja gleich der CDU beitreten, jetzt, wo der Atomausstieg geschafft ist. Und in der SPD gilt immer noch die inzwischen 41-jährige Andrea Nahles als "Nachwuchstalent" - was für ein Witz!
Na, noch immer keine Meinung zum Euro-Rettungsschirm?
Quelle: Erfolg der Piratenpartei - Na, noch immer keine Meinung zum Euro-Rettungsschirm? - Politik - sueddeutsche.deAn den Piraten sehen diese Desillusionierten auf einmal, dass man auch als junger Mensch im Politikbetrieb was bewegen kann. Und siehe da: Auf einmal wird auch auf den Wok-und-Wein-Abenden wieder über Politik diskutiert, etwa über die Occupy-Bewegung, die ein ähnliches Demokratieverständnis hat wie die Piratenpartei. Auch dort treffen sich Menschen - und nicht nur junge -, die ein unbestimmtes Gefühl haben, dass vieles nicht stimmt mit dem System. Und sie denken wie die Piraten, dass man die Lösung am besten gemeinsam finden kann.
Zugegeben: Das ist eine Idee, die auch viele junge Menschen naiv finden. Die Piraten vertreten auf keinen Fall die Interessen aller 30-Jährigen, genau wie die 68er-Bewegung keine Bewegung der gesamten Jugend, sondern der linken Studentenschaft war. Aber immerhin: Nach jüngsten Umfragen kämen die Piraten auf sieben Prozent der Wählerstimmen. Vermutlich sind es noch mehr, weil die meisten Institute für ihre Umfragen nur auf Festnetzanschlüssen anrufen - die Kernwählerschaft der Piraten hat aber oft gar keinen Festnetzanschluss, sondern eine Mobilfunk-Flatrate. Was wunderbar zeigt, wie wenig der politische Apparat - etablierte Parteien, Medien, Institute - mit einer Bewegung klarkommt, die sich nicht an dessen Regeln hält.
Wo das wahre Potential der Piraten liegt
Quelle: Erfolg der Piratenpartei - Wo das wahre Potential der Piraten liegt - Politik - sueddeutsche.deDass die Piraten solche Meinungsverschiedenheiten aus Prinzip öffentlich austragen, bestätigt zusätzlich das Bild der "Chaos-Truppe". Sie streiten sich vor aller Welt darüber, wie man mit ehemaligen NDP-Mitgliedern umgeht und darüber, wer Fraktionsvorsitzender wird. Was bei den etablierten Parteien eine Panne ist - wenn alles durcheinanderschreit, sich widerspricht, ist bei den Piraten der gewollte Normalzustand: kein Geklüngel, keine verschlossenen Türen, keine druckreifen Pressemitteilungen. Trotzdem gab es Leute, die sich wunderten, als beim ersten Antrag der Piraten im Abgeordnetenhaus jeder von ihnen abstimmte, wie er wollte. "Ach, bei uns gibt's gar keinen Fraktionszwang... äh... ich mein' Fraktionsdisziplin? Übarraschung" (sic!) twitterte der Fraktionsvorsitzende Andreas Baum hinterher.
Die etablierten Parteien führen den Erfolg der Truppe nur auf deren Internetpräsenz zurück. "Wir sind doch auch online", rufen sie und versuchen, auf den Zug aufzuspringen - die Grünen mit einem Antrag über die Chancen des Internets, die Union in Gestalt von Peter Altmaier, der munter twittert oder Thomas Oppermann von der SPD, der via Twitter dem Chaos Computer Club für die Aufdeckung der Staatstrojaner-Affäre dankt.
Toller Bericht der SZ, lohnt sich wirklich mal zu lesen und zeigt einfach und deutlich warum die Piraten momentan so erfolgreich sind, ich kann nur hoffen das sie weiterhin authentisch bleiben.
Für mich muss ich ganz ehrlich sagen sind sie die neue junge Hoffnung für unsere innerpolitische Politik, jetzt ist es nur wichtig das sie eine große Partei an die Seite bekommen mit der sie weiterhin auch ehrlich bleiben können und die große Partei ihnen den Weg ebnet aber die Betonung liegt auf "ihren Weg" klar wird man sich vieles was sie sich zum Ziel gesetzt haben nicht genau so umsetzen lassen, aber der Weg ist das Ziel.
Nur welche der großen Parteien sich mit den Piraten anfreunden könnte ist mir absolut nicht klar, dafür fehlt mir einfach zu sehr eine klare Aussage zu den Piraten...
Aber sicher bin ich mir das sie 2013 eine große Rolle spielen werden.
mfg
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