Ein neues Urteil stärkt die Belange von Abgemahnten, die sich von Anwaltskollegen vertreten lassen, die scheinbar weniger die Interessen des Abgemahnten vertreten, sondern zunächst ihr eigenes Gebührenerzielungsinteresse verfolgen. Eine auf "Notrufe" von abgemahnten Internetanschlussinhabern ausgerichtete Anwaltskanzlei bot ihre Dienste an, ohne vorher genau über die Kosten aufzuklären. Vielmehr glaubte der Ratsuchende, auf ihn würden keine höheren Gesamtkosten zukommen als "200,00 – 600,00 EUR".
Der Abgemahnte beauftragte die Kanzlei und – schwupps – wurde der Anspruch des "verteidigenden" Anwalts auf ein Inkassobüro übertragen, dass nun diese Forderung des "eigenen" Anwalts vehement verfolgte – scheinbar mit mehr Aufwand als in die kurze Verteidigung gegen den (unberechtigten) Abmahnvorwurf gesteckt wurde! Ja, nachdem der Abgemahnte sich darauf berief, er habe doch nicht mehr als 600,00 EUR bezahlen sollen, wurde Klage erhoben.
Über diese hat nun das Amtsgericht Pankow-Weißensee entschieden (Az. 3 C 160/10) und befunden, dass statt den verlangten 1.890,91EUR nurmehr 96,39 EUR für die Tätigkeit des Rechtsanwalts abzurechnen seien. Denn der Anwaltsrechnung zu Grunde gelegte Gegenstandswert für die Vertretung gegen die Abmahnung dürfe sich nicht auf das vom Abmahnenden willkürlich festgesetzte stützen. Eine solche Vorgehensweise verletze die Regeln aus §§ 23 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Tatsächlich berechnet wurde der Gegenstandswert auf Grund der Umsatzeinbußen wegen der möglichen 25-fachen Urheberrechtsverletzung wegen der Nutzer, die zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlung online gewesen sein sollen, sowie der Ermittlungskosten in Höhe von 300,00 EUR.
Es bleibt zwar abzuwarten, ob die Klägerpartei in die Berufung geht und wie das Berufungsgericht dann entscheidet. Aber es lohnt sich wohl schon, die (unbegründeten) Gegenstandswerte anzuzweifeln.
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