Hamburg - "Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ein Panzer auf ein Auto zugefahren ist, in dem zwei Menschen saßen. Er hat die beiden einfach zerquetscht, dabei haben sie niemandem etwas getan", beschrieb der Geistliche Abellah al-Warfali seine Eindrücke aus Bengasi, der zweitgrößten Stadt Libyens.
Augenzeugen zufolge sind die Sicherheitskräfte von Staatschef Muammar al-Gaddafi in den vergangenen Tagen äußerst brutal gegen Demonstranten vorgegangen. Allein am Samstag sollen in Bengasi mindestens 35 Menschen getötet worden sein, Beobachter sprechen von bislang insgesamt 120 Toten seit Beginn der Proteste. Doch die genaue Zahl der Opfer ist unklar - es dringen kaum Informationen aus dem abgeschotteten Land nach außen.
Am Sonntag sollen sich erneut Hunderte Libyer zu neuen Protesten vor einem Gerichtsgebäude in der Stadt Bengasi versammelt haben, die Gaddafis Sturz forderten.
Seit mehr als 40 Jahren regiert Diktator Gaddafi das nordafrikanische Land, doch nie war er mit einer solchen Oppositionsbewegung konfrontiert. Mit aller Gewalt versucht der Diktator, seine Macht zu sichern.
Gaddafi kämpft mit afrikanischen Söldnern
Doch trotz Gaddafis Versuchen, den Zugang zum Internet zumindest zeitweise zu kappen und Mobilfunknetze zu blockieren, haben Informationen über die Umbrüche in den arabischen Nachbarländern via Twitter und andere Internet-Seiten nach Libyen gefunden. Während staatliche Propaganda in der Vergangenheit ein geeignetes Mittel gewesen sein mag, um das eigene Volk zu unterdrücken, funktioniert dies in Zeiten des Internet nicht mehr. Zwar dürfen ausländische Journalisten seit Beginn der Proteste nicht mehr aus Libyen berichten, doch gänzlich lässt sich der Informationsfluss nicht zum Versiegen bringen.
Nach Angaben von CNN schickte Gaddafi seinen Sohn Khamis und dessen Elite-Militäreinheit nach Bengasi, um die Proteste niederzuschlagen. Augenzeugen berichteten von Hubschraubern, die über der Stadt kreisten und aus denen Sicherheitskräfte auf Demonstranten schossen.
Mit Tränengas gingen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten vor, die vor dem Gerichtsgebäude der Stadt in Zelten campierten. Aus vorbeifahrenden Autos sollen Gaddafis Truppen auf Demonstranten geschossen haben. Viele wurden mit Kopfwunden in die Krankenhäuser gebracht.
Laut dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira haben sich in den vergangenen Tagen Sicherheitskräfte immer wieder geweigert, die Befehle auszuführen und auf ihre Landsleute zu schießen. Gerüchten zufolge soll Gaddafi in verschiedenen afrikanischen Ländern Söldner engagiert haben, die besonders brutal gegen die Menschen vorgehen, keinerlei Stammesverbindungen mit den Oppositionellen haben - und deren Aufbegehren der Diktator nicht fürchten muss.
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