Die erste Stufe
Am 17.04.09 unterzeichneten die fünf Provider Deutsche Telekom, Vodafone/
Arcor, Hansenet/Alice, Telefonica/O2 und Kabel Deutschland freiwillig
einen geheimen Vertrag mit dem BKA. Dieser Vertrag verpichtet die Provider,
eine Liste von Websites (bzw. Domains) umgehend zu sperren, die das BKA
ohne rechtstaatliche Kontrolle zusammenstellt.
Statt der gesperrten Website soll ein Stopp-Schild angezeigt werden.
Soweit bekannt geworden ist, soll die Sperrung soll durch eine Kompromittierung
des DNS-Systems umgesetzt werden und relativ einfach zu umgehen
sein. Neben anderen Aktivisten stellt auch die GPF unzensierte DNS-Server
und Anleitungen bereit.
Wir bezweifeln, dass die Sperren einfach zu umgehen sein werden!
Der Vertrag BKA-Provider ist nicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz
zugänglich. Das BKA lehnt eine Einsichtnahme unter Berufung
auf den Schutz geistigen Eigentums und die Gefährdung der öentlichen
Sicherheit ab. Die Telekom und Vodafon benötigen ein halbes
Jahr, um die im Vertrag geforderten technischen Bedingungen umzusetzen.
Es müsse die Software auf hunderten Servern modiziert werden.
Heise berichtete:
heise online - Surf-Sperre für Kinderporno-Seiten verzögert sich und
heise online - Vodafone gegen Gesetz für Web-Sperren.
Die Manipulation des DNS-Systems funktioniert bereits, das kann man an
der Umlenkung auf Werbeseiten bei nicht bekannten Domans sehen. Vodafon
leitet seit Juli 09 im UMTS-Netz DNS-Anfragen auf die eigenen, zensierten
DNS-Server um.
Die zweite Stufe
Am 18.06.09 hat der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Bekämpfung der
Kinderpornograe in Kommunikationsnetzen verabschiedet. Das Gesetz ist
technikoen formuliert. Neben den (ungeeigneten) DNS-Sperren sollen auch
tiefere Eingrie in die Kommunikation zulässig und angemessen sein. Diskutiert
werden IP-Adress-Sperren, kombiniert mit einer genauen Analyse des Datenverkehrs.
Das Gesetz zwingt Provider mit mehr als 10.000 Kunden dazu, die im
Geheimen vom BKA erstellten Sperrlisten umzusetzen und bei Aufruf einer
entsprechenden Website eine Stopp-Seite anzeigen. Die Sperrliste soll durch ein
zahnloses Experten-Gemium eingesehen werden können. Diese Experten soll
der Bundesdatenschutzbeauftragtem berufen.
Eine Begrenzung der Sperrmaÿnahmen auf kinderpornograsche Angebote
auÿerhalb der Möglichkeit der Strafverfolgung ist nicht vorgesehen. Es wurde
bereits im Vorfeld die Ausweitung der Internetsperren von verschiedenen
Politikern gefordert. Die Aussage von Herrn Bosbach (CDU) ist eigentlich an
Eindeutigkeit nicht zu überbieten:
Ich halte es für richtig, sich erstmal nur mit dem Thema Kinderpornogra
e zu befassen, damit die öentliche Debatte nicht in
eine Schieage gerät.
Eine konsequente Umsetzung des Subsidaritätsprinzips Löschen vor Sperren
ist im Gesetz ebenfalls nicht vorgesehen. Es soll der Einschätzung des BKA
überlassen bleiben, ob zu erwarten ist, dass der Provider ein indexiertes Angebot
in angemessener Zeit vom Netz nimmt oder eine Internet-Sperre eingerichtet
wird. Es besteht keine Verpichtung für das BKA, die Provider zu kontaktieren
und um Löschung der Angebote zu bitten.
Die Zensur erfolgt auf vielen Ebenen
Die Einführung der Zensur umfasst nicht nur eektive technische Sperrmaÿnahmen.
Sie wird auch durch juristische Schritte begleitet. Einige Beispiele:
Das Forum Politik global sollte auf Betreiben des LKA Berlin im Mai
2009 wegen Volksverhetzung geschlossen werden. Das AG Tiergarten in
Berlin hat der Klage stattgegeben. Das Urteil des AG Tiergarten ist
uns nicht im Wortlaut bekannt. Auf der Website haben wir aber keine
Nazi-Propaganda gefunden sondern Israel- und NATO-kritische Themen
sowie Hinweise auf Missstände in Deutschland und International.
Die Domain wurde gelöscht. Da helfen keine unzensierten DNS-Server.
Die Webseite ist weiterhin unter der IP-Adresse
PolitikGlobal erreichbar,
da der Server nicht in Deutschland steht. Es bleibt abzuwarten,
ob diese Möglichkeit in Kürze nicht auch geschlossen wird. Sollte
das Forum in Zukunft nur noch über ausländische Proxy-Server oder Anonymisierungsdienste
wie Tor oder JonDonym erreichbar sein, wird der
Leserkreis sicher kleiner werden.
Am 21. Mai 2009 veröentlichte Spiegel-Online einen Artikel über Bestechung
von Politikern durch den Telekom Konzern. Dr. Klemens Joos
sowie die EUTOP International GmbH wurden in dem Artikel genannt und schickten ihre Anwälte los, um den Artikel zu entfernen. Sie sahen
ihre Rechte in erheblicher Weise beeinträchtigt. (Der Artikel steht auf Wikileaks
weiterhin zum Download zur Verfügung.)
Das Suchmaschinen ihre Links zensieren ist seit längerem bekannt. Die
bei Wikileaks aufgetauchte Sperrliste des ehemaligen Suchdienstes Lycos
ist interesant.
Es wurden die Stadtwerke Hameln nicht in den Treerlisten angezeigt, weil
die groÿen Energiekonzerne etwas dagegen hatten, die Maa des Adresshandel
wollte nicht, das
Dies ist eine Spiegelseite zu verbraucherabzocke.info gefunden wird,
Foren in denen man Entlassungen diskutierte, wurden nicht angezeigt...
Diese Beispiele zeigen, dass die Umgehung von Zensur oft Kreativität erfordert.
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