Die Kommunen können sich derzeit über Rekordeinnahmen freuen. Und dennoch stehen viele Städte finanziell mit dem Rücken zur Wand. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will nun Konsequenzen ziehen – und die Gewerbesteuer der Kommunen abschaffen. "Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass die Kommunen eine beständigere Einnahmequelle benötigen, die unabhängiger von der Konjunktur ist", so Schäuble.
Es ist nicht der erste Anlauf, den Schäuble in dieser Sache unternimmt. Mit der Idee einer Abschaffung der Gewerbesteuer war er bereits in der laufenden Wahlperiode bei den Kommunen abgeblitzt. Die fürchteten um ihre Einnahmen aus der Steuer, die die Ertragskraft von Unternehmen besteuert und deren Sätze die Städte festlegen können. Und auch jetzt trifft Schäubles Vorschlag auf Widerstand. "Wir sind davon überzeugt, dass es keine tragfähige Alternative zur Gewerbesteuer gibt", sagt Städtetags-Chef Ulrich Maly.
Allerdings könnten sich drei Viertel aller Kommunen durch einen Wegfall der Gewerbesteuer finanziell besserstellen – wenn gleichzeitig eine seit Jahren diskutierte Reform der Kommunalfinanzierung Wirklichkeit werden würde. Dies geht zumindest aus Berechnungen des Statistischen Bundesamtes im Auftrag des Bundesfinanzministeriums hervor, die der "Welt" vorliegen.
Das Bundesamt hat für jede einzelne der 12.227 deutschen Kommunen errechnet, wie sich eine Reform der Kommunalfinanzen auf ihre Haushaltslage auswirkt. Der Reformvorschlag, den die Statistiker durchspielten, basiert auf einer Vorlage der liberalen Denkfabrik "Stiftung Marktwirtschaft".
Die Ökonomen schlagen ein Vier-Säulen-Modell vor: Sie wollen die Gewerbesteuer abschaffen. Im Gegenzug sollen die Kommunen durch ein begrenztes Hebesatzrecht mehr Eigenverantwortung bei der Einkommensteuer erhalten. Dafür hatte sich auch Schäuble diese Woche ausgesprochen. Als zweite Säule will die Stiftung eine kommunale Unternehmensteuer einführen. Daneben bliebe die Grundsteuer in ihrer heutigen Form erhalten.
Neben diesen drei Einnahmequellen ist das eigentlich innovative Element der Reform die vierte Säule: Als Anreiz zur Ansiedlung von Arbeitsplätzen erhalten die Kommunen einen Anteil am Lohnsteueraufkommen eines Arbeitnehmers. Wenn also ein Angestellter mit Wohnsitz am Starnberger See in München arbeitet, erhält auch die bayerische Landeshauptstadt einen Anteil an seiner Lohnsteuer, geplant sind zwei Prozent. Das soll Kommunen weniger konjunkturanfällig machen.
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