+ Reply to Thread
Results 1 to 2 of 2

Thread: Wie Millionengehälter die Fußballstars verändern "Es macht was mit Götzes Gehirn"

  1. #1
    VIP
    Snitlev's Avatar
    Join Date
    30.09.08
    Location
    WWW
    P2P Client
    legal, illegal, scheißegal
    Posts
    10,437
    Activity Longevity
    1/20 19/20
    Today Posts
    0/5 ssss10437

    Wie Millionengehälter die Fußballstars verändern "Es macht was mit Götzes Gehirn"

    Professor Druyen ist der renommierteste Reichenforscher Europas. Ein Gespräch über viel Geld und Hoeneß' Steuerflucht

    Fußballer betrachtet Professor Doktor Thomas Druyen, 55, als Künstler – oder Gladiatoren. "Sie führen Stellvertreterkriege, anders wäre das ganze Fanwesen nicht denkbar", sagt er. Druyen ist Direktor des Institutes für Vergleichende Vermögenskultur und Vermögenspsychologie an der Sigmund Freud Privatuniversität in Wien. Er sagt, dass sich der Neid auf die Einkünfte der Fußballer absolut in Grenzen hält, anders als bei Großunternehmern oder Managern, sieht aber auch Gefahren.
    Spoiler Das Interview:
    Welt am Sonntag:

    Herr Druyen, die Bundesliga prosperiert, sie produziert immer mehr neureiche Fußballer. Was unterscheidet die im Vergleich zum altem Geldadel?

    Thomas Druyen:

    Hier fehlt es an Erfahrung, mittel- und langfristig mit Vermögen zu arbeiten. Außerdem gibt es eine Korrelation zwischen Bildung und erfolgreichem unternehmerischem Handeln. Vielen Spielern gelingt es eben nicht, den Status ihrer Einkünfte über die Karriere hinweg aufrechtzuhalten.

    Das ist nett gesagt. Trotz der Millionen haben nur zehn Prozent der Fußballer Umfragen zufolge ausgesorgt. 25 Prozent sind nach ihrer Karriere sogar pleite. Was sagt das aus?

    Das erinnert in der Struktur an Lottogewinner. Bei 75 Prozent von denen, die über eine Million Euro gewonnen haben, ist das Geld nach drei bis vier Jahren weg. Übertragen auf unsere Fußballer heißt das: Die Verantwortung gegenüber der eigenen Karriere und Zukunftsverantwortung wurde nie trainiert. Es gibt keine praktischen Erfahrungen, mit denen aus eigener Kompetenz eine Zeit von 30 bis 40 Jahren überbrückt werden könnte. Ein moderner Fußballer wird auf einem eigenen Planeten groß.

    Das bedeutet?

    Nehmen wir beispielsweise Mario Götze. Der ist schon als 20-Jähriger extrem reich. Für junge Leute ist es eine unglaubliche Herausforderung, massenhaft verehrt und auch überhöht zu werden. Das muss man aushalten können.

    Götze kostete gerade 37 Millionen Euro, er verdient Abermillionen mit Fußball und Werbung. Was macht das mit einem wie ihm?

    Mit Fällen verglichen, die ich kenne, würde ich weit gehen und sagen: Das verändert sogar was in seinem Gehirn. Wenn der Alltag so ist, dass einem alle zuarbeiten und ich die eigene Wichtigkeit jeden Tag ablesen kann, dann wird eine gewisse Schwere des Lebens narkotisiert. Er braucht Menschen, die ihm sagen, dass er ein unglaubliches Geschenk bekommen hat. Aus eigenem Talent heraus zwar, aber das Leben geht nach der Karriere weiter – und mit weit weniger Unterstützung von allen Seiten. Mario Götze scheint aber familiär gut aufgehoben zu sein. Dennoch müssten Fußballer systematisch psychologisch betreut werden, um sich nicht auf dem Olymp zu verirren und auf das Leben nach der Karriere vorbereitet zu werden. Wenn man mit Geld nur so um sich werfen kann und alles vor und hinter einem weggeräumt wird, dann kann keine Realitätskompetenz entstehen.

    Ist diese Komfortzone Bundesliga mit etwas anderem aus Ihrem Forschungsfeld vergleichbar?

    Ja, Rockstar, Filmstar oder Fußballstar, das nimmt sich nicht viel. Wo die Wertung der eigenen Bedeutung nicht rational messbar ist, wie etwa bei einem Handwerker, sondern nur auf der Kunst oder dem Image basiert, da macht das etwas mit einem.

    Welchen Eindruck haben Sie, wie Geld auf den Fußball einwirkt?

    Wie meist beim Thema Geld sind es einige wenige, die reichlich haben und immer mehr bekommen. Aber eben viele, die nicht so viel haben. Es bildet sich eine Elite heraus, die über allen thront, nicht mehr zu erreichen für den Rest. Ich sehe die Gefahr auch im Fußball, dass es bald Wochenende für Wochenende eine Champions League der Finanzstarken neben der Bundesliga geben könnte. Das wäre ein kommerzieller und katastrophaler Ausverkauf dieses Sports. Seine gesellschaftsstabilisierende Bedeutung, die alle Milieus verbindet, könnte verloren gehen. Noch ist der Fußball ein welt- und menschenverbindendes Phänomen, das gute Energien freisetzt. Dennoch ist er ein riesiges Geschäft und eine Geldmaschine. Wie in allen Lebensbereichen wird groß am Rad gedreht werden müssen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.

    Haben Sie ein Beispiel?

    Man sieht es bei den Bayern. Die holen Götze, kriegen vielleicht noch Lewandowski. Sie trennen sich von einem der besten Trainer der Welt und ein Mysterium wird zum Nachfolger. Das ist Gigantismus. Der große Unterschied ist allerdings, all dies geschieht auf dem Fundament einer gesunden Geschäftstüchtigkeit. Da sieht es auf der anderen Seite bei spanischen oder italienischen Vereinen ganz anders aus.

    Was ist mit denen?

    Die sind in einem hohen Maße verschuldet und schulden auch dem Staat immense Summen. 670 Millionen Euro allein die spanischen Vereine. Da müsste man eigentlich fragen: Wie viele Arbeitsplätze könnten mit diesem Geld geschaffen werden? Also staatliche Investitionen und Schuldenanhäufung sind sicher der falsche Weg und das falsche Zeichen.

    Ist der Durchschnittsverdienst eines Fußballers von mehr als 1,5 Millionen Euro in Ihren Kategorien eine relevante Größe?

    Mit solch einem Einkommen zählen Sie schon zur Spitzenklientel, und Spieler wie beispielsweise Ribéry, Diego oder Huntelaar verdienen ja weit mehr. Ich beschäftige mich zwar mehr mit Multimillionären oder Milliardären, da wären Fußballer also in der untersten Kategorie einzuordnen. Aber wir haben in Deutschland nur 850.000 Millionäre, fast jeder Fußballer aus der Bundesliga gehört also dazu. Deswegen müssen sich auch junge Spieler wie etwa Götze überlegen, dass sie mit diesem Einkommen einer Klientel angehören, die eine hohe Bedeutung für unsere Gesellschaft besitzt und zumindest das Format des Vorbildes haben. Das schreit nach Verantwortung.

    Was aber ist von einem wie Werders Arnautovic zu halten, der bei einer Polizeikontrolle dem Beamten sagte: "Ich verdiene so viel, ich kann dein Leben kaufen!"

    Das wäre symptomatisch für Größenwahn. Er überträgt seine momentane Situation auf das Leben. Dann wird es peinlich. Noch schlimmer ist, wenn er tatsächlich so denkt. Dann hat einer wie er das Koordinatensystem seines Lebens verloren. Da muss man dem Jungen helfen. Ihm klarmachen, dass er kein Gott werden kann. Und schon gar keiner ist.

    Gibt es etwas, das den Fußball sehr speziell macht?

    Die Klientel unserer Vermögensforschung ist recht klein. Es gibt rund 1300 Milliardäre auf der Welt, 130.000 Menschen mit mehr als 30 Millionen Euro und 13,5 Millionen Millionäre. Speziell ist, dass fast alle Fußballer in den großen, europäischen Ligen also zur letzten Gruppe dazugehören. Das macht es speziell. Es ist für sie eine unglaubliche Chance. Deswegen wird doch bei Kindern von vier, fünf Jahren von Familien schon versucht, sie auf diesen Weg zu bringen. Also Karriere im Fußball zu machen und sich damit kommerziellen Erfolg anzueignen, der in vielen anderen Lebensbereichen unmöglich ist.

    Gibt es einen Fußballer, der für Ihre Forschung besonders interessant ist?

    Ja, Beckham zum Beispiel. Es geht nie um den Einzelnen in unserer Forschung, wir wollen Muster erkennen. Beckham ist eine systemische Persönlichkeit. Er war mehr als ein Spieler, er ist eine eigene Marke.

    Was verstehen Sie unter "systemischer Persönlichkeit"?

    Er hat eine individuelle Fußballkarriere gemacht. Dann aber gab es Dinge, die seine persönliche Wirkung potenziert haben. Auf der privaten Ebene etwa hat er mit Victoria eine Frau geheiratet , die als Spice Girl selbst berühmt ist. Das ist selten. Wir kennen alle den Begriff der Spielerfrauen. Die sind in der Regel sehr attraktiv, bringen aber in den allermeisten Fällen keine berufliche Gewichtung in die Beziehung ein. Beckham aber konnte auch durch Victoria seinen Kopf erst für Label hergeben, ehe er selbst eins wurde.

    Wie wirken Ablösesummen wie die von Götze oder die 94 Millionen Euro von Cristiano Ronaldo auf Sie?

    Es ist für den Bürger absurd und bleibt es auch. Eigenartigerweise wird es nicht der Person angelastet, also einem wie Ronaldo. Der leidet nicht darunter. Im Gegenteil, es dient dem System und stärkt den Mythos. Es ist so spektakulär, dass wir es kaum verstehen können. In diesem Paradoxen liegt ein Faktor der Attraktivität, weil es unser Bewusstsein und unsere Rationalität übersteigt.

    Sie haben mit zig Multimillionären und Milliardären zu tun gehabt. Wo gibt es Parallelen zu Fußballern?

    Ja, beim Durchsetzungswillen, der Bereitschaft, sich weit über das Normale einzusetzen. Dementsprechend auch die Fähigkeit, Niederlagen wie Schmerzen einzustecken und trotzdem weiterzumachen. An einem bestimmten Punkt ihrer Karriere sind Spitzenspieler nicht mehr geldgetrieben, sondern es zählt in erster Linie die Leidenschaft, der Erfolg, die Sache an sich. Das habe ich auch bei den meisten Unternehmern gespürt. Ich rede nicht von Hedgefondsmanagern, ich rede vom Gros der Reichen, die das mit unternehmerischen Mitteln geworden sind. Die meisten sind froh, wenn sie reich sind. Dass das Geld aber allein im Vordergrund steht, ist ein Ammenmärchen. Es geht ihnen um die Sache, Wohlstand ist da nur noch eine Begleiterscheinung. Auch Robben ist aus seiner Leidenschaft heraus, eventuell auch noch aus verletztem Ehrgefühl, über sich hinausgewachsen im Finale der Champions League gegen Dortmund. Keiner wächst über sich hinaus, wenn es nur um eine Prämie geht. Das mag zehn Minuten reichen, mehr aber auch nicht.

    Ist für Sie als Vermögensforscher der Fall Hoeneß interessant? Ein reicher Fußballmanager, der ein Steuerflüchtling ist?

    Der Fall Hoeneß speziell kann aus Sicht eines Wissenschaftlers erst beurteilt werden, wenn er juristisch aufgearbeitet wurde und Ergebnisse öffentlich werden.

    Aber der Fall Hoeneß muss ja nicht speziell betrachtetet werden, er hat ja auch etwas sehr Universelles.

    Für mich hat das mit dem Phänomen der Scheinheiligkeit zu tun.

    Erklären Sie, bitte.

    Wenn dieses Vergehen gerichtlich geahndet ist, ist erst der Moment gekommen, wo man über Hoeneß legitimiert sprechen kann. Vorverurteilungen sind ein mediales Geschäft und verweisen immer auch auf spezifische Interessen. Das ist das Spiel der Scheinheiligen. Vorverurteilung ist meistens auch Propaganda. Warum? Weil durch Hoeneß' hohem Aufmerksamkeitswert dem Thema ein Stellenwert eingeräumt wird, der nicht repräsentativ ist. Denn Deutschland besteht nicht nur aus Steuerhinterziehern. Andererseits können natürlich die unbestreitbaren Leistungen von Hoeneß nicht mit einem eventuellen Steuervergehen aufgerechnet werden. Aber haben sie noch die Szene vom Finale in der Champions League vor Augen, als Hoeneß den Pokal nehmen sollte, sich aber minutenlang ziert? Da war eine große Scham zu sehen. Dann nimmt er ihn und hält ihn die ganze Zeit vor sein Gesicht. Das war für mich nicht die Inkarnation eines Abzockers.

    Dennoch. Er predigte Steuergerechtigkeit, verdammte Steuerflucht und tat es dann selber.

    Wenn das bewiesen wird, muss es geahndet werden. Kein Zweifel. Darin liegt auch eine bestimmte Schizophrenie, die bei vielen Menschen festgestellt werden könnte. Die guten Dinge des Lebens bestimmen die Selbstwahrnehmung, die schlechten werden oftmals verdrängt. Dass viel Geld hier größere Verführungen bedeutet, ist wohl eine Tatsache.

    Warum muss ein reicher Mann wie Hoeneß noch reicher werden? Warum kann er nicht zufrieden sein?

    Vielleicht sollten wir das jedem selbst überlassen. Ob dies aber der Weg zum Glück ist, bleibt jedenfalls zu bezweifeln. Große Universitäten wie Stanford betreiben Glücksforschung. In diesen Studien wurde der Grad besonderer menschlicher Zufriedenheit zwischen 60.000 und 100.000 Euro bemessen. Diese Menschen arbeiten noch, es geht ihnen zwar gut, aber sie brauchen Realitätssinn und Disziplin. Wenn man aber eine bestimmte finanzielle Dimension überschritten hat, verändern sich die Maßstäbe. Großes Geld ist auch eine zweischneidige Herausforderung, denn es hat eine hohe Verführungskraft. Die Angst, dieses Vermögen zu verlieren, spielt auch eine große Rolle. Wie dem auch immer sei. Wenn die Hochvermögenden nicht vergessen, dass sie organische Bestandteile ihrer Gesellschaften sind, können sie Verantwortung wahrnehmen. Wenn Privilegien auch zur Gemeinschafsbildung verwendet werden, bleibt die Kirche im Dorf.



    Quelle: "Es macht was mit Götzes Gehirn" - Nachrichten Print - WELT AM SONNTAG - Sport (Print WAMS) - DIE WELT

    Eine sehr aufschlußreiches Interview, was gerade in der heutigen Zeit den Umgang mit sehr viel Geld bei jungen Fußballstars uns etwas näher bringt...

    mfg

    Wer versucht zu rennen, bevor er laufen kann, kommt meistens zu Fall



    stop animal experiments, take child molesters - they like pain!


    Besser man bereut was man getan hat, anstatt zu bereuen das man es unterlassen hat
    Reply With QuoteReply With Quote
    Thanks

  2. Who Said Thanks:

    Se7Ven (02.06.13) , Rebound (02.06.13)

  3. #2
    Section Mod
    Se7Ven's Avatar
    Join Date
    25.09.08
    Location
    SourceForgeNet
    P2P Client
    uTorrent-1991
    Posts
    3,791
    Activity Longevity
    0/20 19/20
    Today Posts
    0/5 sssss3791
    Wenn der Realitätssinn den Kompetenzen entsprechend kontinuierlich angepasst/modifiziert werden kann und damit die Bodenhaftung/Erdung weiterhin existent bleibt um sich selbst einen Wohlstand zu erarbeiten ohne die soziale Verantwortung/Engagement zu vergessen....könnten wir alle gemeinsam ein glückliches Leben führen.
    Last edited by Se7Ven; 02.06.13 at 22:24.

    Nosce Te Ipsum
    Reply With QuoteReply With Quote
    Thanks

+ Reply to Thread

Tags for this Thread

Posting Permissions

  • You may post new threads
  • You may post replies
  • You may not post attachments
  • You may not edit your posts
  •