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Thread: BGH: Zum Auskunftsanspruch beim Filesharing

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    Unhappy BGH: Zum Auskunftsanspruch beim Filesharing

    Der Bundesgerichtshof hat eine Grundsatzentscheidung zu der umstrittenen Frage getroffen, unter welchen Voraussetzungen der Rechteinhaber bei einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing einen Anspruch auf Nennung des Anschlussinhabers gegenüber dem Provider hat. Hiernach dürfte es zukünftig zu deutlich mehr Auskunftsverfahren und damit Abmahnungen wegen illegaler Tauschbörsennutzung kommen.

    Vorliegend stellte ein Rechteinhaber eine Urheberrechtsverletzung bei Tonaufnahmen von einem Musikalbum von Xavier Nadoo fest und wollte den Inhaber des Internetanschlusses der geloggten IP-Adresse ermitteln, um ihm eine Abmahnung zu schicken. Er rief das Landgericht Köln an, damit dieses den zuständigen Provider nach § 101 Abs. 9 UrhG zum Erteilen einer Auskunft verpflichtet. Doch sowohl das Landgericht Köln als auch das Oberlandesgericht Köln wiesen dieses Begehren ab. Die Richter begründeten dies damit, dass es an einem gewerblichen Ausmaß fehle.Von daher bestehe kein Anspruch auf Auskunft nach § 101 Abs. 2 UrhG.
    Spoiler Doch der Rechteinhaber gab nicht auf und rief hiergegen im Wege der Rechtsbeschwerde den Bundesgerichtshof an.:
    Der Bundesgerichtshof hob mit Entscheidung vom 19.04.2012 (Az. I ZB 80/11) die Entscheidung der Vorinstanz auf und verpflichtete den Provider zur Erteilung der Auskunft über den Anschlussinhaber als dem mutmaßlichen Filesharer. Nach Ansicht des BGH setzt der Anspruch auf eine Auskunft nach § 101 Abs. 2 UrhG keine Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß voraus. Vielmehr werden auch Rechtsverletzungen im privaten Bereich erfasst. Eine solche einschränkende Auslegung ergebe sich nicht aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn das „gewerbliche Ausmaß“ beziehe sich nur auf den Begriff des „Erbringens von Dienstleistungen“, nicht jedoch auf das Wort „Rechtsverletzungen“. Ansonsten werde der Rechteinhaber schutzlos gestellt, weil er nicht gegen den Verletzer vorgehen könne. Dies widerstrebe dem Zweck des Gesetzes.



    Diese Entscheidung lässt in unseren Augen die Begründung der Verfasser des Regierungsentwurfes außer acht. Demzufolge sollte ein Anspruch auf Auskunft nur dann bestehen, wenn die Rechtsverletzung im gewerblichen Bereich erfolgt ist. Dies wurde bisher nachvollziehbar bei Urheberrechtsverletzungen, die in den ersten 6 Monaten der Verwertungsphase begangen wurden, angenommen. Der Umstand, dass nunmehr auch vermeintliche Verletzungen von Rechten an deutlich älteren Werke verfolgt werden können, weitet den Kreis der von teuren Abmahnungen Betroffenen über Gebühr aus, ohne dass es hierfür ein Rechtsschutzbedürfnis gibt. So waren Rechteinhaber auch bisher nicht schutzlos und konnten sich beispielsweise an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Die Vertreter der Musikindustrie verfügen zudem gewöhnlich über gute Umsätze, während mutmaßliche Filesharer schnell mit überzogenen Forderungen seitens der Musikindustrie konfrontiert werden. Zuweilen gibt es auch daran Zweifel, ob die Ermittlungssoftware wirklich zuverlässig arbeitet. Von daher können nach der Entscheidung des BGH mehr denn je auch Unschuldige schnell eine Filesharing Abmahnung erhalten.


    Quelle: BGH: Zum Auskunftsanspruch beim Filesharing

    Nun also doch, bei Verdacht zum Filesharing müssen die Provider nun die Kundendaten weitergeben und dass nicht wie zuvor nur bei gewerblichen Ausmaßen sondern reicht jetzt auch ein einziges File das gegen das Urheberrecht verstösst und dann in den Tauschbörsen landet.

    Das ganze beruht auf den zähen Verhandlungen eines Musikvertriebs der die Rechte an Musiktiteln des Sängers Xavier Naidoo wahrnimmt.

    Gerade jetzt nachdem es so langsam gelungen ist der Abmahnindustrie die Daumenschrauben etwas anzudrehen wird durch dieses Urteil alles wieder hinfällig, so dass man jetzt mit einer Abmahnwelle rechnen kann die wir bis dato wohl noch nicht kannten...

    siehe dazu auch:

    BGH I ZB 80/11 v. 19 April 2012: Flower Power schützt nicht (mehr) vor Abmahnungen
    Von Dr. Alexander Wachs


    Spoiler Der BGH I ZB 80/11 v. 19. April 2012 hat erkannt, dass für den Auskunftanspruch kein gewerbliches Ausmaß erforderlich ist::

    Wäre ein Auskunftsanspruch gegen Dritte nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß gegeben, könnten die Hauptansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz auch nur bei einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß durchgesetzt werden. Der Rechtsinhaber, dem Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz aber nicht nur gegen den im gewerblichen Ausmaß handelnden Verletzer, sondern gegen jeden Verletzer zustehen, wäre dann insoweit faktisch schutzlos gestellt. Dies widerspräche dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen. Insbesondere für Tauschbörsen, bei denen in großem Umfang Urheberrechtsverletzungen stattfinden, besteht ein besonderes Interesse an einer Auskunft, ohne die der Verletzer nicht ermittelt werden kann (BT-Drucks. 16/5048, S. 39 f.). Denn solche massenhaften Rechtsverletzungen beeinträchtigen die urheberrechtlich geschützten Rechte und wirtschaftlichen Interessen des Rechtsinhabers auch dann ganz erheblich, wenn die einzelne Rechtsverletzung für sich genommen kein beträchtliches Ausmaß erreicht.


    Dogmatisch will ich mich noch zu diesem Beschluss ausführlich äußern, was bedeutet dies aber für den Praktiker (und für die Haushalte in Deutschland mit Internetanschluss). Zunächst einmal wird nun von allen Providern, sieben Tage Speicherung vorausgesetzt, unabhängig von deren Sitz Klarnamen herausgegeben werden müssen. Viel schwerwiegender wird aber folgendes werden: Während in der Vergangenheit u.a. die Kölner Gerichte davon ausgegangen waren, dass nur das Herunterladen und Verbreiten neuerer Werke – also solche die sich noch in der sog. relevanten Auswertungsphase befanden, zu einer Herausgabe der Klarnamen und damit einer Abmahnung führen konnten, ist diese Einschränkung nunmehr nur noch eine schöne Erinnerung. Zukünftig können auch die sixties und seventies – samt Flower Power – wieder abmahntechnisch urheberrechtlich ausgewertet werden.
    Es werden wieder Glücksritter über die Erotik Messen ziehen und die Rechte an Uralt Porno Filmen für ein paar hundert Euro kaufen, um dann mit Abmahnungen ein paar tausend Euro zu verdienen. Damit ist der Wert des Backkatalogs von Pornos wieder erheblich gestiegen. Händler, welche diesen Blog verfolgen, sollten also bevor sie die Rechte an Pornos verschleudern zunächst prüfen, ob dieser Film noch in Tauschbörsen verbreitet ist, da könnte noch richtig Geld drin “stecken”.
    Mein Ton wird mich verraten haben, ich halte diese Entwicklung nicht für glücklich. Die Richter am OLG Köln hatten mit der “Auswertungsphase” ein für die Praxis wichtiges Korrektiv geschaffen. Die Glücksritter, fragwürdige Logg Firmen und (teilweise zu) geschäftstüchtige Anwälte sollten nicht bei jeder Rechtsverletzung auf die Anschlussinhaber losgelassen werden. Ob der BGH dogmatisch im Recht ist, mag erst einmal dahinstehen, sicher bin ich aber, dass der BGH sich der faktischen Tragweite dieses Beschlusses nicht bewusst war.
    Quelle: BGH I ZB 80/11 v. 19 April 2012: Flower Power schützt nicht (mehr) vor Abmahnungen - Dr. Wachs Rechtsanwälte



    mfg
    Last edited by Snitlev; 11.08.12 at 01:40. Reason: update

    Wer versucht zu rennen, bevor er laufen kann, kommt meistens zu Fall



    stop animal experiments, take child molesters - they like pain!


    Besser man bereut was man getan hat, anstatt zu bereuen das man es unterlassen hat
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    Thanks

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