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Thread: Ärzte wollen mit ihrer Praxis nicht in die Provinz

  1. #1
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    Ärzte wollen mit ihrer Praxis nicht in die Provinz

    Die Regierung will Mediziner fördern, die auf dem Land arbeiten, und die Abwanderung ins Ausland stoppen. Viele deutsche Ärzte sind laut einer Studie unglücklich.

    Ein Leben als Landarzt reizt nur die wenigsten Mediziner: Nur fünf Prozent der Ärzte können sich vorstellen, eine Praxis auf dem Land zu eröffnen. Im Falle der Selbstständigkeit lockt die Stadt: 42 Prozent würden sich in einer Großstadt niederlassen, 36 Prozent in einer Kleinstadt. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts TNS Infratest im Auftrag der Commerzbank unter 300 niedergelassenen und angestellten Ärzten.
    Neun von zehn Ärzten rechnen damit, dass zukünftig in ländlichen Gebieten ärztlicher Nachwuchs fehlen wird. Attraktiver als eine Praxis auf dem Dorf ist die Arbeit im Ausland. Von den Ärzten, die eine berufliche Änderung planen, zieht es ein Drittel über die Grenze. Mehr als drei Viertel glauben, dass es in Zukunft mehr Arztzentren und Gemeinschaften geben wird.
    Die aktuelle Studie wirft ein Schlaglicht auf zwei große Probleme in der Gesundheitsversorgung: Dem Ärztemangel auf dem Land und die zunehmende Abwanderung von Medizinern ins Ausland. Das Durchschnittsalter der deutschen Ärzte liegt heute bei 52 Jahren. Tausende scheiden in den nächsten Jahren altersbedingt aus. Bis zum Jahr 2020 wird es 7000 Hausärzte weniger geben als heute, rechnen Ärzteverbände vor. Zugleich wandern immer mehr Ärzte aus Deutschland ab, 2500 waren es im Jahr 2009. Die schwarz-gelbe Koalition plant in diesem Jahr eigens ein Gesetz, um die medizinische Versorgung in Deutschland zu verbessern. Im Mittelpunkt des Versorgungsgesetzes stehen dabei Maßnahmen, die ländlichen Gebiete für Mediziner attraktiver zu machen.
    Geplant sind unter anderem finanzielle Anreize für Ärzte, die bereit sind, in unterversorgte Regionen zu gehen. „Dazu können etwa Investitionskostenzuschüsse, Vergütungszuschläge oder auch die Förderung von Studenten gehören“, heißt es in einem 14-Punktepapier der Gesundheitspolitiker der Union. Gedacht wird auch daran, in strukturschwachen Gebieten Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Ärztestationen einzurichten, in denen Ärzte verschiedener Fachrichtungen Sprechstunden anbieten. Außerdem sollen Krankenhäuser und Ärzte enger zusammenarbeiten.
    Quelle: Gesundheitswesen: Ärzte wollen mit ihrer Praxis nicht in die Provinz - Nachrichten Wirtschaft - WELT ONLINE

    Wer will es den Ärzten verdenken, der Ansatz sie zu locken scheint der richtige Weg zu sein, doch der Anreiz muss schon extrem groß sein um sich wirklich auf die Provinz niederzulassen!
    Der Beruf des Arztes wird in Deutschland von der Politik und den Medien systematisch schlecht geredet. Viele Ärzte sind überlastet, haben kaum Privatleben und müssen sich dann auch noch durch unqualifizierte Menschen und die Politik, bei mangelnder Bezahlung, abqualifizieren lassen.
    Meistens sind dann noch diejenigen die Nörgler, die selbst nichts leisten oder meinen die Weisheit wächst auf Bäumen.
    War nicht ein Slogan des DGB "Gutes Geld für gute Arbeit"...

    mfg

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  2. #2

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    Warum möchte niemand mehr "Landarzt" werden?

    Es ist ein vielschichtiges Problem, ich versuche das mal ein wenig "aufzudröseln".

    Das Gehalt:
    Das Gehalt eines Arztes ist, offen gesagt, nicht schlecht. Was die ganze Situation nur erschwert ist, dass die geleistete Arbeit nicht bezahlt wird.
    Z.B. Ein Hausbesuch, der als Hausarzt zwangsläufig erforderlich ist, wird nichtmal kostendeckend für den Arzt bezahlt, d.h. Anfahrt, Material, Zeitaufwand, etc. wird mit einer Pauschale abgegolten und gut ist.
    Welcher Pizzadienst oder Klemptnernotdienst lässt sowas mit sich machen?

    Warum ist die Arbeit nicht kostendeckend bezahlt?
    Krankenkassen wollen sparen: logisch
    Die Kassenärztliche Vereinigung sollte die Landärzte vertreten, tut das aber nicht.
    Ein Arzt in München-Schwabing bekommt für die gleiche Leistung die ein Arzt in McPomm leistet wesentlich mehr Geld.
    Warum ist das so?
    Pfründe und Filz, das hat nix mit Marktwirtschaft, Planungen o.Ä. zu tun, das ist dummdreiste Klientelpolitik auf dem Rücken der Ärzte in der "Pampa" und auf deren Patientenrücken.


    Das Abrechnungsproblem:
    Ich verweise mal freundlich auf diesen Link, der zwar nur ein Kommentar ist, aber im Endeffekt alles kurz auf den Punkt bringt.

    Zusätzlich kommt zu der Abrechnung noch das Verschreibungsproblem, soll heissen, am Anfang des Quartals legt die KV zusammen mit den Krankenkassen fest, wie gross das Budget des Arztes ist, also wieviel Geld der Arzt für Leistungen "ausgeben" darf: also für Medikamente, Untersuchungen, etc.
    Wenn dieser Arzt also plötzliche mehr Patienten hat oder mehr Schwerkranke mit Dauermedikamenten muss er damit rechnen, dass die Krankenkasse ihn am Ende des Jahres für die "zuviel" verschriebenen Medikamente und Leistungen in Regress nimmt, d.h. er muss Geld "zurückzahlen", auch wenn er es nicht verdient hat (ein zu teures Rezept soll der Arzt dann selber zahlen, geile Idee, oder?)

    Klar, das durch die Ärztevertreter angedrohte "Praxensterben" durch pleite gibt es nicht wirklich. Aber es gibt ein Praxensterben durch das Alter, weil sich die jungen Ärzte nicht mit solchem Schmuh beschäftigen wollen.

    Realistisch gefragt:

    Wer von euch möchte einen 24h-Stunden-Job, der nicht entsprechend der geleisteten Arbeit bezahlt wird und indem man immer Gefahr laufen kann, für zuviel Arbeit bestraft zu werden?
    Und parallel wird man beschimpft, wenn man sich an die Vorgaben hält?

    Es ist nicht bloss das Geld, es sind die gesamten Bedingungen, aber die Politik, die Lobby, die Krankenkassen und die eigenen Ärztevertreter sind lieber mit bull$hit beschäftigt, als das Problem reell anzugehen.
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  3. #3
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    Warum möchte niemand mehr "Landarzt" werden?

    Realistisch gefragt:

    Wer von euch möchte einen 24h-Stunden-Job, der nicht entsprechend der geleisteten Arbeit bezahlt wird und indem man immer Gefahr laufen kann, für zuviel Arbeit bestraft zu werden?
    Und parallel wird man beschimpft, wenn man sich an die Vorgaben hält?

    Es ist nicht bloss das Geld, es sind die gesamten Bedingungen, aber die Politik, die Lobby, die Krankenkassen und die eigenen Ärztevertreter sind lieber mit bull$hit beschäftigt, als das Problem reell anzugehen.
    Dieses Dilemma dürfte einigen Mitmenschen bekannt sein und ebenso der Mangel an entsprechender Würdigung oder Anerkennung der fachlichen Kompetenz dieses spiegelt sich nicht in der Entlohnung wieder...

    Nosce Te Ipsum
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  4. #4
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    Und wie ist hier die Lage einzuschätzen? Bis zu 12 000 Ärztestellen sind Kliniken laut einer Schätzung des Marburgers Bunds unbesetzt. Das Risiko für Behandlungsfehler steige deswegen.

    Marburger Bund - Ärztemangel wird zum Risiko

    Der Mangel an Klinikärzten wird aus Sicht ihrer Gewerkschaft Marburger Bund zunehmend zum Risiko für die Patienten. Bis zu 12 000 Stellen seien unbesetzt – mehr als doppelt so viele wie offiziell angegeben, berichtete Gewerkschaftschef Rudolf Henke am Mittwoch aus einer Mitglieder-Umfrage und warnte zugleich vor möglichen Ärztefehlern: „Wenn sich weniger Menschen um einen kümmern, als eigentlich vorgesehen, dann ist das ein Problem.“
    Der Marburger Bund hatte die Antworten von gut 12 000 Krankenhausärzten ausgewertet. Nach Angaben der Teilnehmer sind im Durchschnitt pro Abteilung etwa 1,5 Arztstellen unbesetzt. Hochgerechnet mit 8500 Krankenhausabteilungen kommt man auf die 12 000 unbesetzten Stellen. Offiziell beziffert das Deutsche Krankenhausinstitut die Zahl der offenen Stellen nur auf 5500 bis 6000, wie Henke sagte. „Wir haben den Ärztemangel numerisch unterschätzt.“
    120 Millionen Überstunden
    Die vorhandenen rund 140 000 Klinikärzte machen der Umfrage zufolge den Personalmangel zum Teil mit Überstunden wett. Durchschnittlich arbeiten sie auf einer Vollzeitstelle nach Gewerkschaftsangaben etwa 55 Stunden pro Woche. Der Marburger Bund kommt damit auf rund 120 Millionen Überstunden. „Wir haben eine Überlastungssituation“, sagte Henke. Dies führe zu Arbeitsvermeidung – die Mediziner versuchten, „auch irgendwann mal Feierabend zu machen“. Darunter litten die Patienten.
    Die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler in Düsseldorf hatte zuletzt konstatiert, dass Ärztefehler häufig auf Diagnosemängel und nicht so sehr auf die Behandlung selbst zurückzuführen seien. Dies wiederum hänge damit zusammen, dass sich die Mediziner zu wenig Zeit für die Eingangsuntersuchung und Gespräche mit den Patienten nähmen. Henke sprach von einem „beklemmenden Befund“ und setzte ihn in Zusammenhang mit dem Ärztemangel: Die „technische Annäherung“ trete oft an die Stelle der persönlichen Auseinandersetzung.
    Quelle: Marburger Bund: Ärztemangel wird zum Risiko - Krankenversicherung - FOCUS Online

    Ich denke mal mit momentanen Flickwerk so wie es momentan Hr. Rösler vorhat ist niemanden gedient und schon garnicht den Patienten der nämlich eine bestmögliche Leistung von einem Arzt erwartet, aber die kann ein Arzt auch nur bringen wenn er sich wohl fühlt und das nicht nur finanziell!

    Hier muss die ganze Struktur mal angepasst werden bzw. optimiert und modifiziert. Wenn der Beruf des Arztes wieder attraktiv und auch Zeitgemäß angepasst ist sollte es auch zukünftig nicht an diesem Beruf mangeln...


    mfg

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  5. Who Said Thanks:

    Se7Ven (16.02.11)

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    Das Problem ist einerseits der immense Arbeitsaufwand und andererseits in Relation dazu die geringe Entlohnung insofern eine entsprechende Würdigung der erbrachten Leistungen.

    Deshalb scheint faktisch Skandinavien in vielerlei Hinsicht für viele mit fachlichen Kompetenzen und einer entsprechenden Reputation perspektivisch ein Traum zu sein....die Arbeitsleistung wird angemessen honoriert und gewürdigt.
    Last edited by Se7Ven; 16.02.11 at 18:25.

    Nosce Te Ipsum
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  7. #6

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    Der "Mangel" wird auch künstlich forciert.
    Die Facharztausbildung wird aufgesplittet, so dass jeder Arzt "immer spezieller" ausgebildet wird und es nicht mehr den klassischen Internisten oder Chirurgen mehr gibt, der sich in einem grossen Bereich auskennt. Dementsprechend müssen die Krankenhäuser auch mehr Fachleute einstellen und dann entsteht ein Mangel.
    Das zweite Problem sind die Studentenzahlen, die von den Unis und den Landesregierungen immer mehr gekürzt werden, weil das Studium für den Staat so teuer ist.

    Und schon ist ein Mangel da.
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