PDA

View Full Version : "Absurd, schädlich" – Arbeitgeber geißeln Regierung



Snitlev
02.06.12, 13:31
Die Arbeitgeber haben große Hoffnungen in die schwarz-gelbe Regierung gesetzt. Zufrieden sind sie nicht. Arbeitgeberpräsident Hundt fordert von der Koalition, jetzt 15 Monate lang Tempo zu machen.


Telefongespräche sind bei Journalisten nicht immer beliebt – weil Zwischentöne im Äther verloren gehen könnten und man den Gesprächspartnern nicht in die Augen blicken kann. Die Antworten, die Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt von seinem Büro in Uhingen aus aufs Berliner Band sprach, hatten es aber in sich. Hundt sprach auch am Telefon nicht drum herum.


Welt am Sonntag: Herr Hundt, die Bundesregierung geht in das letzte Jahr der Legislaturperiode. Es könnte das letzte Jahr von Schwarz-Gelb werden, oder?

Dieter Hundt: Ich kann das Ergebnis der Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht vorhersagen. Ich fordere die Koalition aber auf, die verbleibenden 15 Monate intensiv zu nutzen. Die Regierungskoalition braucht mehr Geschlossenheit, um Lösungen zu finden. Anstehende, zu lange verschobene Entscheidungen müssen endlich getroffen und wichtige Weichenstellungen vorgenommen werden. Es gibt eine Menge zu tun. Vor allem gibt es eine Menge Falsches zu vermeiden.

Welt am Sonntag: Die Arbeitgeber haben mit Schwarz-Gelb große Hoffnungen verbunden.

Hundt: Als die schwarz-gelbe Koalition im Jahre 2009 antrat, trug das zentrale Projekt die Überschrift "Mehr Netto vom Brutto". Da sind wir keinen Schritt vorangekommen. Selbst wenn der Rentenversicherungsbeitrag im nächsten Jahr tatsächlich auf 19,0 Prozent sinkt, wären wir in der Summe der Sozialversicherungsbeiträge gerade dort, wo wir zu Beginn der Legislaturperiode waren.

Welt am Sonntag: Sie fühlen sich also jetzt nicht besser regiert als unter Schwarz-Rot oder Rot-Grün?

Hundt: Es gab bei jeder bisherigen Regierung, die ich meiner Amtszeit erlebt habe, Licht und Schatten. Da wurden richtige Entscheidungen getroffen und weniger hilfreiche. Das ist jetzt wieder so. Ich halte so manches, was in Berlin beschlossen oder diskutiert wird, für problematisch. Aber wenn ich mir die Bemühungen der Bundeskanzlerin ansehe, die europäische Schuldenkrise in den Griff zu bekommen, zolle ich ihr Anerkennung und höchsten Respekt. Angela Merkel geht in die richtige Richtung voran, wir haben Fortschritte erzielt. Die Gefahr eines großen Crashs ist in den letzten zwölf bis 15 Monaten deutlich zurückgegangen.

Welt am Sonntag: Am Montag treffen sich die Parteichefs der Koalition zum Krisengipfel. Die Regierung streitet über Mindestlohn, Betreuungsgeld, Kita-Ausbau und Frauenquote in der Wirtschaft und vieles mehr. Das klingt eigentlich nach Streitthemen einer rot-grünen Regierung.

Hundt: Ich hoffe unverändert darauf, dass sich die Vernunft durchsetzt. Wir brauchen zum Beispiel keinen gesetzlichen Mindestlohn. Wie schädlich ein solcher ist, kann in vielen europäischen Ländern besichtigt werden. Er führt zu einer hohen Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit. Wir haben in Deutschland Tariflöhne, die Vollzeitbeschäftigten ein auskömmliches Entgelt sichern. In Branchen ohne Tarifverträge kann das Mindestarbeitsbedingungengesetz angewendet werden. Wer branchenbezogene Lohnuntergrenzen will, kann die bestehenden Gesetze nutzen.

Welt am Sonntag: Ein Dauerbrenner ist auch der Streit um das Betreuungsgeld.

Hundt: Das ist genauso falsch. Notwendig ist vielmehr, die Betreuungsinfrastruktur verstärkt auszubauen. Das Betreuungsgeld ist teuer sowie arbeitsmarkt- und bildungspolitisch verkehrt. Wir bemühen uns darum, mehr Frauen in Beschäftigung zu bringen. Dazu gehört die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit dem Betreuungsgeld wird aber geradezu ein Anreiz geschaffen, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben.

Welt am Sonntag: Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat das Betreuungsgeld für unverhandelbar erklärt. Verstehen Sie, was den CSU-Chef in dieser Frage antreibt?

Hundt: Das sollten Sie besser den sonst von mir sehr geschätzten bayerischen Ministerpräsidenten fragen. Das Ganze ergibt für mich keinen Sinn.

Welt am Sonntag: Die Kritiker des Betreuungsgeldes in der Koalition sollen jetzt mit einer Rentenerhöhung eingefangen werden. Kann das der Kompromiss sein?

Hundt: Falsches lässt sich nicht mit Falschem korrigieren! Damit würden dauerhafte Leistungsausweitungen in den Sozialsystemen geschaffen, die auch an anderer Stelle schädlich sind. Ich habe Verständnis dafür, dass beispielsweise Leistungen aus der Pflegeversicherung für Demenzkranke verbessert werden sollen. Diese neuen Leistungen müssen jedoch durch Einsparungen an anderer Stelle solide und nachhaltig gegenfinanziert sein, sonst verschärfen sie die ohnehin zu erwartenden Finanzierungsprobleme.

Welt am Sonntag: Das zentrale Projekt der Regierung ist inzwischen neben Merkels Management der Euro-Krise die Energiewende. Das war so nicht geplant sondern eine Reaktion auf die Erdbebenkatastrophe in Japan. Gelingt der Umbau der Stromversorgung in Deutschland? Wie würden Sie die Energiewende heute bilanzieren?

Hundt: Die deutsche Wirtschaft ist in großer Sorge, dass die Energiewende noch immense Schwierigkeiten bereiten wird. Wir müssen sicherstellen, dass mit dem Abschalten der Kernkraftwerke bis 2022 die Versorgungssicherheit gewährleistet ist und die Netze stabil sind. Dann heißt es immer so schön, Energie müsse bezahlbar bleiben. Das reicht aber nicht! Die in Deutschland produzierte Energie darf nur so viel kosten, dass wir international wettbewerbsfähig bleiben. Ich weiß nicht, wie wir das erreichen sollen. Es müssen Gas- und Kohlekraftwerke gebaut und die Speicherkapazität erhöht werden. Es müssen 3800 Kilometer neue Leitungen gebaut und 4400 Kilometer bestehende Leitungen verbessert werden. Bisher gibt es dafür keinen detaillierten, realistischen Masterplan.

Welt am Sonntag: Für die Probleme, die Sie nennen, ist vor allem der ehemalige Umweltminister Röttgen verantwortlich gemacht worden. Lag es wirklich an ihm alleine?

Hundt: Ein Problem ist die zum Teil mangelnde Koordination innerhalb der Bundesregierung. Ich habe Bundeskanzlerin Angela Merkel frühzeitig empfohlen, ein Energieministerium zu schaffen. Damit gäbe es eine verantwortliche Stelle, in der die Fäden der Energiewende zusammenlaufen. Dort ließe sich die Arbeit zentral vorantreiben, koordinieren und überwachen. Um die internationale Abstimmung zu verbessern, muss ebenfalls mehr geschehen.

Welt am Sonntag: Der Ausstieg aus der Kernkraft ist Geschichte, sagt der neue Umweltminister Altmaier. Sind Sie da auch so sicher?

Hundt: Die Energiewende ist beschlossen. Nach meiner Meinung war die Entscheidung überstürzt und nicht durchdacht und auch nicht europäisch abgestimmt. Aber jetzt sind die Würfel gefallen. Nun muss alle Kraft darauf verwendet werden, das politisch vorgegebene Ziel tatsächlich zu erreichen. Es ist zu früh, darüber zu grübeln, was passiert, wenn das nicht klappt.

Welt am Sonntag: Der Bundesfinanzminister empfiehlt den Tarifpartnern, in diesem Jahr hohe Lohnabschlüsse – und begründet das mit der Euro-Krise. Haben Sie sich über diesen Rat gefreut?

Hundt: Ich habe mit dem Bundesfinanzminister darüber telefoniert. Er wollte die Tarifautonomie keineswegs in Frage stellen. Er hat mir versichert, dass er sich nicht in die Lohnfindung einmischen wollte und fühlte sich falsch zitiert.

Welt am Sonntag: Ist denn die Argumentation schlüssig: Weil es anderen Ländern finanziell nicht gut geht, müssen wir die Nachfrage über höhere Löhne steigern?

Hundt: Ich halte diese Überlegungen für absurd. Wir haben in Deutschland nach wie vor international mit die höchsten Löhne und Arbeitskosten. Wir sind mit unserer produktivitätsorientierten Tarifpolitik gut gefahren. Das ist die Basis unseres wirtschaftlichen Erfolgs. Es kann nicht um eine Anpassung nach unten gehen. Wir können ja auch das Niveau des deutschen Fußballs nicht dadurch stärken, dass wir Vereinen wie Bayern München oder Dortmund erst einmal 15 Punkte abziehen, damit andere Vereine, wie etwa der VfB Stuttgart, leichter deutscher Meister werden.

Welt am Sonntag: Wie es in der Euro-Krise weitergeht, ist schwer absehbar. In Griechenland droht Unregierbarkeit, Hollande steckt mitten im Wahlkampf für die Nationalversammlung. Spanien durchleidet eine Bankenkrise. Auf welche Szenarien müssen sich die deutschen Arbeitgeber einstellen?

Hundt: Die richtigen Schritte, welche die Staats- und Regierungschefs in den vergangenen Monaten festgelegt haben, dürfen auf gar keinen Fall in Frage gestellt werden. Es darf nichts verwässert werden. Der Schuldenabbau und die Konsolidierung der Haushalte der einzelnen Staaten bleiben aus Sicht der Wirtschaft unabdingbare Voraussetzung. Natürlich muss es auch Wachstumsimpulse geben. Aber das ist weniger eine Frage des Geldes als der Strukturen. Die Verwaltungen müssen effizienter arbeiten, die Märkte müssen wettbewerblich organisiert werden. Wachstum auf Pump zu finanzieren wäre falsch und kontraproduktiv.

Welt am Sonntag: Hat Ihr Verband ein Szenario für das Auseinanderbrechen der Euro-Zone entwickelt?

Hundt: Es müssen alle verkraftbaren Anstrengungen unternommen werden, um den Euro-Verbund geschlossen zu halten. Alles andere ist kaum kalkulierbar. Da kann auch der einzelne Unternehmer keine Vorsorgemaßnahmen treffen. Ich würde es sehr bedauern, wenn die Euro-Zone ein Mitglied verliert.

Quelle: Verbandspräsident Hundt: "Absurd, schädlich" (http://www.welt.de/wirtschaft/article106407770/Absurd-schaedlich-Arbeitgeber-geisseln-Regierung.html)

Ich weiß nicht nicht warum sich die Deutschen Unternehmer so aufregen, beim besten Willen kann ich nichts kontraproduktives aus unser schwachen Regierung erkennen.
Macht denn unsere Regierung nicht alles erdenklich mögliche um sie weiter zu entlasten bzw. ihnen "ihre Maßvorgaben" umzusetzen?!

Also ich weiß nicht wie man es sonst nennen kann, aber ich habe das Gefühl das unsere Wirtschaft die Politik schon lange bestimmt und nun immer weiter versucht Druck aufzubauen um uns weiter ausbeuten zu können, die Gewerkschaften (eigentlich ein kleines Zünglein an der Waage) die uns aber auch kein Schrecken verbreitet und alle Tarifabschlüsse schon vorher im Grunde abgestimmt sind, der Rest ist doch nur ein Schauspiel für die Medien und uns Arbeitnehmern und sonst garnichts.

Hier hoffe ich auf eine endlich faire freie demogratische Partei die endlich wieder eine Demogratie schafft deren Namen es auch wert ist, wir alle haben von der Wirtschaft zu profitieren und nicht nur eine obere Randgruppe die durch eine korrupte wirtschaftsorientierte Politik bestimmt wird...

mfg

v6ph1
02.06.12, 16:21
Springerpresse und Arbeitgeberpräsident - da haben sich 2 gefunden:
Vollkommen an der Realität vorbei und vollkommen gegen die Bevölkerung.

Da weiß man echt nicht, ob man über soviel Dummheit lachen oder weinen soll.

mfg
v6ph1

LongbowArcher
02.06.12, 17:58
Springerpresse und Arbeitgeberpräsident - da haben sich 2 gefunden:
Vollkommen an der Realität vorbei und vollkommen gegen die Bevölkerung.

Da weiß man echt nicht, ob man über soviel Dummheit lachen oder weinen soll.

mfg
v6ph1

Dein Text zeigt, dass du den Artikel gar nicht gelesen hast.

Se7Ven
02.06.12, 22:06
Die deutschen Unternehmer und Arbeitgeber können sich eigentlich nicht empören oder gar aufregen weder Gehaltserhöhungen noch Streiks arbeitgeberfreundlicher kann es doch atmosphärisch kaum zugehen in unserer braven Republik oder?

PS:Trinkt doch mal ein Bierchen zusammen und vertragt euch^^

v6ph1
03.06.12, 01:52
Dein Text zeigt, dass du den Artikel gar nicht gelesen hast.
Was soll man zu so einem Schwachsinn noch sagen?

Ich habe den Text gelesen - von logischem Denken und gesunden Menschenverstand kann man nicht viel finden:

Ein Beispiel dafür:

Wir brauchen zum Beispiel keinen gesetzlichen Mindestlohn. Wie schädlich ein solcher ist, kann in vielen europäischen Ländern besichtigt werden. Er führt zu einer hohen Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit.
Bedeutet in Wirklichkeit:

Wir wollen die Arbeitnehmer weiter ausbeuten und scheren uns einen Dreck um die im Grundgesetz verankerte Menschenwürde.

Weiteres Beispiel:

Wir bemühen uns darum, mehr Frauen in Beschäftigung zu bringen.
Mehr Leute auf dem Arbeitsmarkt drücken die Lohnkosten - damit steigt die Ausbeutung der Arbeitnehmer weiter.


Es müssen Gas- und Kohlekraftwerke gebaut und die Speicherkapazität erhöht werden.
Sowohl Gas als auch Kohle stehen nur in begrenztem Maß zur Verfügung - verschwendet man beide für Stromproduktion, gibt es später kein Gas und auch keine Kohle mehr.

Dann gibt es Antworten, die vollkommen an der Frage vorbeigehen:

Welt am Sonntag: Ist denn die Argumentation schlüssig: Weil es anderen Ländern finanziell nicht gut geht, müssen wir die Nachfrage über höhere Löhne steigern?
Hundt: Ich halte diese Überlegungen für absurd.
Höhere Löhne führen also zu keiner höheren Binnennachfrage?

Das widerspricht jeglicher Logik und dem gesunden Menschenverstand.
Und da soll man diesen Bullshit nicht als solchen entlarven?


Die deutschen Unternehmer und Arbeitgeber können sich eigentlich nicht empören oder gar aufregen weder Gehaltserhöhungen noch Streiks arbeitgeberfreundlicher kann es doch atmosphärisch kaum zugehen in unserer braven Republik oder?
Irgendwie schade - die Mehrheit nimmt Ungerechtigkeiten einfach so hin und verteidigt diese auch noch.

mfg
v6ph1


PS:Trinkt doch mal ein Bierchen zusammen und vertragt euch^^
Das scheint aber jemand hier nicht zu wollen.

LongbowArcher
03.06.12, 02:55
?

PS:Trinkt doch mal ein Bierchen zusammen und vertragt euch^^

Forum != Real Life Wüsste nichts, was dagegen sprechen sollte :)

Se7Ven
03.06.12, 18:15
Das Problem was einige unser Mitbürger in diesem Kontext mit der Menschenwürde und dem Grundgesetz haben dürften ist wohl das diese Arbeitnehmer in der heutigen wirtschaftlichen sowie politischen Situation Ängste ausstehen ihren Arbeitsplatz verlieren zu können.....

Gerade dann wenn diese Arbeitnehmer konsequent ihre Rechte wie z.b.höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen ohne Zweifel an ihrem Selbstwert oder der Qualität ihrer vollbrachten Arbeit dementsprechend einfordern würden...

mabuse
05.06.12, 10:12
Ich weiß nicht nicht warum sich die Deutschen Unternehmer so aufregen, beim besten Willen kann ich nichts kontraproduktives aus unser schwachen Regierung erkennen.
Naja, aber andersrum: Produktives ist auch nicht wirklich viel rumgekommen. Man verwaltet den Mangel und wartet ab... gute politische Tradition seit Helmut Kohl.

Den Rest hat v6ph1 ja schon im Detail erklärt.

In der Zusammenfassung: eine bessere Gesellschaft gerne, aber bitte nicht auf unsere Kosten. Bezahlen sollen gefälligst die, die eh schon nix haben.

Se7Ven
06.06.12, 17:47
Naja, aber andersrum: Produktives ist auch nicht wirklich viel rumgekommen. Man verwaltet den Mangel und wartet ab... gute politische Tradition seit Helmut Kohl.

Den Rest hat v6ph1 ja schon im Detail erklärt.

In der Zusammenfassung: eine bessere Gesellschaft gerne, aber bitte nicht auf unsere Kosten. Bezahlen sollen gefälligst die, die eh schon nix haben.

Eine Investition in eine andere Gesellschaft die ihre Kompetenzen in der Gerechtigkeit und dem sozialen miteinander lebt wäre wünschenswert....jedoch wenn wir uns politisch und gesellschaftlich umschauen bleibt die Skepsis der Realisierbarkeit.