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View Full Version : Gesetzentwurf Schäuble will die Schuldenbremse lockern



Snitlev
10.01.12, 09:56
Ausgerechnet der deutsche Finanzminister plant offenbar, die Vorschriften zur Schuldenbegrenzung aufzuweichen: Laut einem Zeitungsbericht arbeitet Wolfgang Schäubles Ministerium an einem Gesetzentwurf, mit dem sich die Schuldenbremse umgehen lässt.


Derzeit kann sich Deutschland fast zum Nulltarif verschulden, in einigen Fällen zahlen Investoren der Bundesregierung sogar eine Prämie für ihre Anleihe. Dennoch soll bald eisern gespart werden: Ab 2016 greift die sogenannte Schuldenbremse, der Staat darf sich pro Jahr dann nur noch mit höchstens zehn Milliarden Euro neu verschulden.
Das hat die Große Koalition aus CDU und SPD so im Grundgesetz verankert. Nun sucht der amtierende Finanzminister offenbar schon wieder nach Mitteln und Wegen, die Schuldenbremse zu umgehen. Wenn "die nach der Schuldenregel zulässige Kreditaufnahme überschritten worden ist", soll ein Plan angefertigt werden, wie die Schulden wieder getilgt werden können, berichtet die "Bild"-Zeitung am Dienstag. Diesem soll der Bundestag dann zustimmen. Damit wäre das Überschreiten abgesegnet.

Quelle: Gesetzentwurf: Schäuble will die Schuldenbremse lockern - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wirtschaft (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,808115,00.html)

Eigentlich sollten ja bei uns Wählern die Alarmglocken schrillen wenn Hr. Schäuble schon nach "Mitteln und Wege" sucht :rolleyes:
Das ganze sorgt momentan nicht nur in der Politik für Irritationen sondern auch bei der Bevölkerung...

mfg

lowkey
11.01.12, 09:00
Nur weil in den Medien momentan mehr über den Bundespräsidenten geredet wird, ist die Eurokrise nicht vom Tisch.
Dennoch ist dies kein gutes Zeichen, finde ich.

mabuse
12.01.12, 13:55
Und wir maulen über die Griechen? Die sind uns doch nur 10 oder 20 Jahre vorraus . . .

Das Deutschland selbst 2011, in einem Jahr in dem es dank boomender Wirtschaft Rekord-Steuereinnnahmen gab, neue Schulden gemacht hat, sollte überall die Alarmglocken klingeln lassen. Wenn wir noch nicht mal in so einem Jahr ein paar Schulden tilgen können, wann denn dann? In einigen Jahren werden wir genauso vor einem Staatsbankrott stehen, wie die Griechen jetzt . . .

LongbowArcher
12.01.12, 14:13
Die Griechen sind uns 1000 Jahre voraus, denn wir haben etwas, was die Griechen nicht haben: Eine Wirtschaft, die sich nicht zu einem großen Teil auf den Tourismus stürzt und damit anfällig für die verschiedensten Szenarien ist.

Ansonsten stimme ich dir zu. Schuldenabbau ist wichtig, aber wir leisten uns dann lieber Dinge, von denen jeder weiß, dass sie mehr kosten als sie bringen (z.B. das Rentensystem, Bürokratie, zu viele Beamte usw.).

Snitlev
12.01.12, 15:39
Und wir maulen über die Griechen? Die sind uns doch nur 10 oder 20 Jahre vorraus . . .

Das Deutschland selbst 2011, in einem Jahr in dem es dank boomender Wirtschaft Rekord-Steuereinnnahmen gab, neue Schulden gemacht hat, sollte überall die Alarmglocken klingeln lassen. Wenn wir noch nicht mal in so einem Jahr ein paar Schulden tilgen können, wann denn dann? In einigen Jahren werden wir genauso vor einem Staatsbankrott stehen, wie die Griechen jetzt . . .


So wie ich das sehe hat Deutschland doch Schulden abgebaut, siehe:

Schäuble drückt Neuverschuldung auf 17 Milliarden Euro

Der Boom der deutschen Wirtschaft macht es möglich: Die Neuverschuldung des Bundes lag 2011 bei 17,3 Milliarden Euro. Das Haushaltsloch fiel damit deutlich niedriger aus als erwartet. Im laufenden Jahr rechnet Finanzminister Schäuble aber mit einem deutlich höheren Defizit.


Bereits im Dezember war klar, dass das Defizit 2011 unter 20 Milliarden Euro liegen würde. Doch wie deutlich diese Grenze unterschritten wird, war ungewiss. Im Rahmen der Schuldenbremse wäre eine Neuverschuldung von 48,4 Milliarden Euro möglich gewesen. Dass dieser Rahmen nicht ausgeschöpft wurde, hat vor allem drei Gründe:

=>So kann sich Finanzminister Wolfgang Schäuble dank des Aufschwungs über deutlich höhere Steuereinnahmen freuen. Diese machten im vergangenen Jahr 248,1 Milliarden Euro aus - 18,9 Milliarden Euro mehr als erwartet.

=>Auch die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wirkt sich aus. Wegen der Rekordbeschäftigung fielen die Ausgaben für Arbeitslosigkeit niedriger aus als prognostiziert.

=>Der Bund profitiert zudem von sehr günstigen Kapitalmarktzinsen. Wegen der Schuldenkrise in der Euro-Zone suchen Investoren nach sicheren Anlagen. Dazu zählen deutsche Staatsanleihen. Für sechsmonatige Papiere akzeptierten Anleger kürzlich sogar negative Zinsen - das heißt, sie zahlten drauf.



Quelle: Wirtschaftsboom: Schäuble drückt Neuverschuldung auf 17 Milliarden Euro - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wirtschaft (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,808759,00.html)

mfg

v6ph1
12.01.12, 16:33
So wie ich das sehe hat Deutschland doch Schulden abgebaut, siehe:
Nein: Nur die Neuverschuldung ist gesunken. (für die Mathematiker: die 2. Ableitung der Staatsverschuldung)

Es gibt weiterhin einen Verlust im Staatshaushalt - nur fällt dieser geringer aus.

@LongbowArcher: abgesehen von der Rente stimme ich dir zu.
Denn die Rentenkasse ist nahezu ausgeglichen.
Die wahren Kosten sind das Militär (35 Mrd. € im Jahr) und Steuervergünstigungen, wie Beitragsbemessungsgrenzen und natürlich die Rentenregelung für unsere Volkszertreter.

Was die Griechen anbelangt, so werden wir ebenso auf das Problem zusteuern.
Produktion wird immer mehr automatisiert und es werden weniger Leute benötigt.

Wir haben in Europa (und auch weltweit) nicht genügend Arbeit um alle mit 35-40h/Woche bis zum 60. Lebensjahr (und länger) zu beschäftigen.

Effektiv kann man das System nur umbauen, indem man einen Mindestlohn einführt, die Wochenarbeitszeit radikal kürzt (20h/Woche) und die letzten Rentenanhebungen rückgängig macht. (Rente mit 60-65!)

Alles andere führt nur zu einer Ungleichverteilung, sozialen Konflikten und mafiösen Strukturen.

mfg
v6ph1

LongbowArcher
12.01.12, 16:48
Du vergisst, dass nicht nur die Anzahl der Arbeitsplätze, sondern ebenso die Qualifikation derjenigen zu beachten ist, die die freien Arbeitsplätze besetzen sollen, die du mit einer 20 Stundenwoche schaffen willst. Nicht jeder kann jeden Job machen, weshalb es einige Bereiche gibt, die über einen Mangel an qualifizierten Kräften klagen, während andere Bereiche mit Kräften überschwemmt werden (und dadurch den Lohn drücken).

mabuse
16.01.12, 10:49
Die Griechen sind uns 1000 Jahre voraus, denn wir haben etwas, was die Griechen nicht haben: Eine Wirtschaft, die sich nicht zu einem großen Teil auf den Tourismus stürzt und damit anfällig für die verschiedensten Szenarien ist.
Toll.
Wir haben eine Wirtschaft, die sich überwiegend auch Auto- und Maschinenbau stützt und verspielen dort dank der Fantasielosigkeit unserer Manager jeglichen Vorsprung. Wo sind denn die deutschen Elektro-Autos?
Wir sind ob uinseres Lohnniveaus mindestens so gefährdet wie die Griechen.


wir leisten uns dann lieber Dinge, von denen jeder weiß, dass sie mehr kosten als sie bringen (z.B. das Rentensystem, Bürokratie, zu viele Beamte usw.).
Bitte?
Das Rentensystem kostet mehr, als es leistet?
Wieviel ist dir sozialer Friede denn wert? Meiner Meinung nach wird es höchste Zeit, das der Pöbel sich mal wieser zusammenrottet, die Guillotinen entstaubt und dem Adel zeigt, wo der Hammer hängt. Wobei Adel heute nicht mehr blaues Blut, sondern dicke Geldtasche bedeutet.



Die wahren Kosten sind das Militär (35 Mrd. € im Jahr) und Steuervergünstigungen, wie Beitragsbemessungsgrenzen und natürlich die Rentenregelung für unsere Volkszertreter.
Ganz genau.
Unser System krankt nicht daran, das zu wenig Geld da ist. Es krankt daran, das sich 20% der Bevölkerung aus den sozialen Sicherungssystemen augeklinkt haben - und dabei 70% des Geldes mitgenommen haben. Weg mit der Beitragsbemessungsgrenze! Sozialabgaben auf alles, was erwirtschaftet wird. Nicht nur auf Löhne und Gehälter, sondern auch auf Prämien, Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen, Spekulationsgewinne u.s.w..
Schon gibt es keinerlei Rentenlücke mehr, keine Zweiklassengesellschaft bei Arzt, und dabei könnte man die Höhe der Sozialabgaben ganz locker halbieren.

Und bevor jetzt irgendein FDP-Anhänger aufjault und das Mantra der freien Markwirtschaft herunterbetet:
Genauso macht es die Schweiz. Und selbst der Liberalste wird die wohl nicht für einen sozialistischen Musterstaat halten.

LongbowArcher
17.01.12, 08:34
Ahhh wieder mal die Toplösung: Einfach mehr Geld reinpumpen, dann wird das schon. Sparen? Reformieren Ach wozu denn?

mabuse
17.01.12, 12:39
Ahhh wieder mal die Toplösung: Einfach mehr Geld reinpumpen, dann wird das schon.
Nein, nicht mehr Geld, sondern Geld von den richtigen Leuten. Wenn sozial nur sozial innerhalb der gleichen Einkommensklasse gilt, dann wird's irgendwann wieder knallen.


Sparen? Reformieren Ach wozu denn?
Oh, bitte.
Wenn das Existenzminimum erreicht ist, gibt's nichts mehr einzusparen.
Und Reformen heisst doch sein 20 Jahren nur noch jeder für sich - die Reichen reiben sich die Hände, der kleine Mann ist am Arsch.

Es geht mittlerweile auch nicht mehr um Wirtschaft oder Politik.

Es geht um den letzten Rest moralischen Anstandes in einer Überflussgesellschaft.

Wenn eine Oma, die 50 Jahre lang gearbeitet hat, selbst wenn es nur Hilfsarbeit war, sich jetzt entscheiden muss, ob sie es im Winter lieber warm haben möchte oder was zu Essen, weil für beides das Geld nicht reicht, dann stimmt was nicht. Und die Leute, die unser Rentensystem ruiniert haben, weil sie sich aus Geldgeilheit aus den allgemeinen sozialen Netzen ausgeklinkt haben (Ärtze, Anwälte, Architekten . . . die Liste kann man beliebig verlängern, die haben alle eigene Versicherungen aufgemacht), und den Arbeitern ein wenigstens halbwegs menschenwürdiges Dasein verweigern, die gehören einfach nur an die Wand gestellt.



Lass es mich an einem prima Beispiel erläutern: Ich selber.
Statt einer Gehaltserhöhung beteligt mein Chef mich mittlerweile an seiner Firma. Ganz offizell, mit Eintrag im Handelsregister und Einlage in den Gesellschaftsfont. Was bedeutet, das es eine Kapitalanlage ist - und die Ausschüttungen damit nicht Sozialabgabenpflichtig sind. Bringt mir immerhin 300 Euro im Jahr mehr.

Allerdings reden wir hier über eine Kapitalanlage, die in den letzten 10 Jahren zwischen 21 und 46% Rendite erwirtschaftet hat. Wohlgemerkt: Pro Jahr!
Wenn dir das von einer Bank angeboten würde, dann wüsste jeder, das kann nicht seriös sein. Das ist keine Kapitalanlage, das ist ein Steuersparmodell (hier vielmehr: ein Sozialabgaben-Sparmodell). Und wenn man ehrlich ist: das ist einfach nur Betrug an der Gesellschaft.
Nun, ich bezahle immerhin noch Sozialabgaben - wer das Doppelte, Dreifache oder nochmehr verdient, der kann sich da komplett ausklinken. Oder wer das Geld nicht mit Gehalt, sondern als Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen, Spekulationsgewinne oder sonstwie, halt nur nicht als Lohn/Gehalt bekommt, der hat damit auch nichts zu tun. Und das wird auf breiter Front gemacht, ob nun real oder gelogen. Und das - und nur das! - macht unser System kaputt. Kapitalismus at it's best.

Und darum vertrete ich die Ansicht, das alles in die Sozialabgaben einfliessen muss, Zinsen, Dividenden, Mieten, Ausschüttungen etc. Und ohne Begrenzung nach oben.


Die ganze Geschichte mit privater Vorsorge bedeutet letzlich doch nur die A*schkarte für den kleinen Mann. Was passiert denn bei einer Staatspleite mit Geldentwertung? Und weise das nicht zu weit von dir, wir hatten schon zwei im letzten Jahrhundert und wie schnell das heute gehen kann, beweisen gerade die Griechen. Dann ist die private Altersvorsorge auf einmal weg, denn für unveränderliche Werte wie Immobilien bekommt der kleine Man nicht genug zusammen, was Aktienanlagen als Atersvorsorge wert sind, dürfte die letzte Krise gut bewiesen haben. Und Festgeld ist auf einmal nichts mehr wert.

Das einzige, was bisher alle Krisen überstanden hat, ist die gute, alte umlagefinanzierte Vorsorge: alle zahlen ein, und was da ist, wird verteilt. Nur so kann es langfristig durch alle Kriesen hindurch sicher sein. In diesem System profitiert jeder die ersten 20 Jahre, zahlt dann 40 oder 45 Jahre lang ein und profitiert dann nochmal 20 Jahre. Einfach, sicher, gerecht.
Natürlich nur, wenn auch Alle mit Allem, was sie erwirtschaften, beteiligt sind. Und darum müssen wir die Drückeberger wieder zwangsweise an Bord holen. Dafür kann man die Beitrage dann vermutlich halbieren.

Und letztendlich sieht's bei den Steuern nicht anders aus. Wer intelligent ist (wahlweise: die Intelligenz in Form eines guten Steuerberaters einkaufen kann), der kann sich selber so arm rechnen, das er keine oder nur sehr wenig Steuern bezahlen muss. Ausbaden tut's wieder der Kleine Mann, dem diese Möglichkeiten mangels entsprechendem Grundkapitals nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Auch auf die Gefahr hin, das ich mich wiederhole:
Alleine die Tatsache, das es einen Berufsstand "Steuerberater" gibt, ist für sich alleine schon Beweis genug, das hier was nicht stimmen kann. In einem fairen System würde es diesen Berufstand nicht geben.



Edit:
PS: Wem die eine oder andere Formulierung bekannt vorkommt - das dürften überwiegend (nicht geprüft) Zitate von Volker Pispers sein. Meiner Meinung nach der einer klügsten, politischsten und moralischsten Menschen, die es in diesem Land gibt. Den sollte man zum Bundespräsidenten machen.

LongbowArcher
17.01.12, 14:37
Du vergisst, das die "Drückeberger" keinen Anspruch auf Auszahlung haben. Wer sich also bewusst nicht beteiligt, profitiert auch nicht in Form von Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung (es sei denn, der Freiberufler oder Selbstständige zahlt freiwillig ein) noch Rentenversicherung, sondern muss selbst dafür aufkommen, nicht die Gesellschaft und das ist somit nicht unsozial! Demnach geht deine Argumentation nicht auf?

mabuse
18.01.12, 10:09
Du vergisst, das die "Drückeberger" keinen Anspruch auf Auszahlung haben. Wer sich also bewusst nicht beteiligt, profitiert auch nicht in Form von Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung (es sei denn, der Freiberufler oder Selbstständige zahlt freiwillig ein) noch Rentenversicherung, sondern muss selbst dafür aufkommen, nicht die Gesellschaft und das ist somit nicht unsozial! Demnach geht deine Argumentation nicht auf?
Denk nochmal ganz genau darüber nach, was du da gerade gesagt hast.

Die Drückeberger sorgen für sich selber vor. In eigenen Versicherungen - aber weil die die sozial Schwachen dadurch nicht mehr unterstützen, machen die netto Gewinn daran. Schau dir doch die Krankenversicherungen an: Wenn du genug verdienst, kannst du dich aus der Gesetzlichen verabschieden und gehst in die Private. Du verdienst mehr, zahlst weniger ein und bekommst noch die besseren Leistungen.

Und genau diese Mathematik gilt für alle sozialen Versicherungen. Wo die Besserverdienenden unter sich sind, lohnt es sich - weil man keine Unterstützung für die Ärmeren mehr leistet. Und das ist für mich die Kern-Definition von Unsozial.