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View Full Version : [FAQ] I. Halbjahr 2011 - Trendprognose im Abmahnwesen



Snitlev
29.07.11, 12:11
Das erste Halbjahr ist vorbei, da kommen mögliche Fragen nach einer Einschätzung der Lage sowie einer Trendprognose im Abmahnwesen auf. Ich möchte versuchen, aus meiner eigenen Sicht der Dinge, eine subjektive und vor allem kurze Einschätzung vorzunehmen. Natürlich gebührt hier in erster Linie der Abmahnwahn Datenbearbeiterin Pincess15114 – Dank und Anerkennung – für ihre ehrenamtliche Arbeit. Und bitte schön, wer andere Zahlen hat, kann doch mit diesen aufwarten und seine Prognosen abgeben.

Die wichtigste Frage für mich in diesem Jahr: Kann man überhaupt noch irgendeine verlässliche Prognose wagen.


Wir haben Berichte aus 2010 gelesen, wie

1. Deutsche Telekom – Bericht Datenschutz und Datensicherheit
⇒ Einstweilige Anordnungen zur vorläufigen Speicherung von ca. 200.000 IP-Adressen je Monat
⇒ Gesamt: 2,28 Millionen beauskunftete IP-Adressen
⇒ Zuwachs zu 2009, von 1,4 Millionen IP-Adressen

2. Kölner Stadtanzeiger
⇒ 12.000 Verfahren am Gerichtsstandort Köln (nur Telekom als Provider oder Backbone).

3. Wöchentlich bis 400 Zivilverfahren am Gerichtsstandort München (nur Telefónica als Provider oder Backbone).

Die erste Hälfte 2011 gibt sich aber, als wenn fast keine Abmahnungen mehr verschickt werden. Ist es so, oder bekommen wir einfach nichts mehr mit, denn der Zulauf der Hilfesuchenden in den diversen Verbraucherforen ist tendenziell rückläufig, genau wie die vorgenommenen Eintragungen in der Princess15114 Datenbank Abmahnwahn: Wer mahnt was ab? http://abmahndatenbank.de/ (http://abmahndatenbank.de/)



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1. Die abgemahnten vertretenden Anwälte unterliegen einem harten Konkurrenzkampf. Immer mehr Kanzleien verstärken Ihrer Tätigkeit auf Mandate hinsichtlich Urheberverstöße Filesharing. Dieser quantitative Anstieg schlägt sich leider nicht immer in der Qualität nieder. Im sogenannten "Google-Ranking" werden regelmäßig die Verbraucherforen (auch die werbefinanzierten) verdrängt durch spezialisierte und Suchmaschinen orientierte Anwaltsseiten. Trotzdem gelingt es hier, durch dieses Googel-Ranking Betroffene weiträumig "abzufischen". Jeder Zweite, der sich in einem Forum registriert, hat selbst schon einen Rechtsanwalt beauftragt und möchte nur (Nach-)Informationen.

2. Die Spaltung sowie Konkurrenzkampf der Verbraucherforen untereinander ist weiter vorangeschritten. Wobei jeder sich an die eigene Nase fassen muss und es nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme mit beiträgt für Neuabgemahnte. Jedes Verbraucherforum, geprägt durch seine Aktionisten und deren Entourage, will das Eine sein, dass das entscheidende Urteil (zumindest finanziert) ausfechtet, das Recht hat, die Abmahner in die Knie zwingt. Immer aber letztendlich auf Kosten der Hilfesuchenden und nur zum zweifelhaften Ruhm Einzelner, die den Beifall des "blinden Rudels" lieben. Eitelkeit, Habgier, Rachsucht, Selbstsucht, Neid, Missgunst, Faulheit versteckt hinter der Feigheit und fehlender Toleranz stehen hoch im Kurs und lassen den Aktienkurs der Verbraucherforen im Steilflug fallen. Oder das andere Extrem des Vereins, der unauffällig und neutraler als die Schweiz agiert (ohne, dass man es überhaupt mitbekommt). Hart? Sicherlich. Darf man nicht schreiben? Warum nicht! Außerdem, was soll man denn schönreden, wenn es so ist. Eine fehlende und nicht erwünschte Zusammenarbeit ist und bleibt unser Hemmschuh und ist die einzige abmahnerhaltende Maßnahme.

3. Es herrschen einfach zu viele Informationen vor, das man ohne Registrierung in den Verbraucherforen auf die meisten Fragen Antworten erhält.

4. Sollte ein Rückgang der Abgemahnten zu verzeichnen sein, sollte man bedenken, dass die Mehrfach- und Folgeabmahnungen, immer weiter ansteigen. Fälle, wo Betroffene wegen eines Werkes durch mehrere Rechteinhaber bzw. Rechteverwerter abgemahnt werden, 5 plus Abmahnungen wegen eines Chartcontainer, bis zu 20 Abmahnungen wegen Spielfilmen mit pornografischem Inhalt von einer Abmahnkanzlei erhalten, sind im Abmahnwahn an der Tagesordnung.



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2011 wurde ersichtlich, das die Zahlen der Klagen nicht geringer werden im Gegenteil. Der eingeschlagene Vermutungs-Kurs "BGH – Sommer unseres Lebens" wird konsequent fortgesetzt und die Anforderungen an den Anschlussinhaber erhöht.

Sicherlich sind die Zahlen nicht besorgniserregend hoch angestiegen, aber es ist zu erkennen, das im Gegensatz zu 2010 (150 Klagen, 77 Mahnbescheide, 7 EV) die Schlagzahl der Klageverfahren etwas erhöht wurden. So klagen "Waldorf Frommer Rechtsanwälte", aus widersprochenen Mahnbescheiden heraus sowie, nach eigenen Angaben, erstmals die Kanzlei U+C im größeren Maß. Im Vorfeld dieser Einschätzung wurde zum zweiten Mal der Versuch unternommen, alle bekannten abgemahnten vertretenden Anwälte anzuschreiben. Ehe aber wieder Herr Rechtsanwalt Thomas Stadler und weitere supi schlaue Forenanonyme die Zahlen höchst wissenschaftlich theoretisch auseinandernehmen, hierbei handelt es sich um keine statistischen Zahlen, sondern um die Angaben der Kanzleien, die bereitwillig geantwortet haben (danke). Einige waren in Urlaub (gute Erholung), einige haben nicht geantwortet (werden sofort von der Liste empfohlener Anwälte gestrichen) und einige wurden nicht angeschrieben (wie Scheffler). Vielleicht wurde auch tiefgestapelt, aber es sind anfassbare Zahlen, die einen gewissen Trend sichtbar machen.



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Schwerpunkte sind eindeutig die qualitativen Missstände bei Abgemahnten Vertretenden sowie durch den Betroffenen selbst. Immer wieder werden wir informiert, dass Rechtsanwälte von Rechtsschutzversicherungen bzw. Verbraucherschutzzentralen dem Hilfesuchenden haarsträubende Ratschläge erteilen. Hier geht der Trend, in Abgabe einer mod. UE und Sofortzahlung einer Summe zw. 100,- EUR bis 250,- EUR um die Gefahr einer Klage zu bannen. Diese Strategie bleibt einzig für den Betroffenen eine Gratwanderung auf Messerschneide. Großer Schwerpunkt bildet aber nach wie vor der Betroffene selbst.

Es wird ersichtlich, das viele aus welchen Gründen auch immer, das minimalistische Musterschreiben einer mod. UE als Selbstbaukasten verstehen, den man ohne ausreichende Kenntnisse einfach umformulieren kann.

Angefangen von
⇒ Falscher Formulierungen zum "Neuen Hamburger Brauch",
⇒ Falsche Bezeichnung des Streitgegenstandes,
⇒ Fehlender bzw. falscher Rechteinhaber,
⇒ Unzulässige Einschränkungen oder Bedingungen usw.,
⇒ Unnötige Benennung des wahren Täters,
⇒ Unnötige Begleitschreiben,
ist die ganze Bandbreite vertreten.

Sicherlich bleibt dem Betroffenen sehr wenig Zeit, sich mit der Materie auseinanderzusetzen. Aber man sollte hier sich strikt an den Nutzungshinweisen zur Verwendung des Musterschreibens einer mod. UE halten und die mod. UE nicht als Do-it-yourself-Projekt verstehen. Auch von den erklärenden und unnötigen Begleitschreiben zur mod. UE ist abzuraten. Emotionen sind schlechte Ratgeber und es wird eines deutlich, das jeder solch einen Mist schreibt, sich aber letztendlich erst richtig in den Schlamassel reinreitet.

Ein weiterer Schwerpunkt, dass man sich in Zivilverfahren selbst (ohne Anwalt) vertritt. Diese Fälle gehen regelmäßig in die Hose. Hiervon ist strikt anzuraten! Mit Erhalt eines Hinweisbeschlusses zur Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens sowie beigefügter Klageschrift ist grundsätzlich ein Fachanwalt zu beauftragen.



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Bei den Klageverfahren wurden neben den anfänglich frustrierenden Kurs negativ Urteile erfreulicherweise positive Lichtblicke deutlich bei Altfällen sowie den noch zaghaften Beschwerdeverfahren gegen die Auskunftsbeschlüsse gemäß § 101 Abs. 9 UrhG. http://dejure.org/gesetze/UrhG/101.html (http://dejure.org/gesetze/UrhG/101.html)

Zusammenfassend bleibt es weiterhin spannend. Ziel sollte es bleiben, in Klageverfahren sich an der jungen Ludwigsburger Kanzlei Riegger zu orientieren. Frech aber qualifiziert, knüppelhart sowie mit dem Mandanten auch einmal ein Wagnis eingehend. Sicherlich muss man auch Rückschläge hinnehmen, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.



Quelle: Abmahnwahn-Dreipage Aktuell (http://abmahnwahn-dreipage.de/aktuell.html)

Wer sich für die Statistik im Abmahnwesen interessiert kann sich dieses gerne mal in Ruhe durchlesen...


mfg