Snitlev
15.09.10, 18:50
Schweizer Bundesgericht: Logistep AG verstößt bei der Ermittlung von Filesharer-IP-Adressen gegen Datenschutzrecht
Schweizer Bundesgericht, Urteil vom 08.09.2010
Art. 12; 13 DSG
Das Schweizer Bundesgericht hat nach Klage des obersten Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür / EDB - Bundesgerichtsentscheid im Fall Logistep AG (http://www.edoeb.admin.ch/aktuell/01688/index.html?lang=de) entschieden, dass die Ermittlung der IP-Adressen von Filesharern gegen das Schweizer Datenschutzrecht verstößt. Danach dürfte die in der Schweiz ansässige Firma Logistep AG, welche seit Jahren mit einer selbst entwickelten Spezialsoftware vermeintliche Urheberrechts-Verstöße in Internet-Tauschbörsen durch Erfassen von IP-Adressen beweissicher zu protokollieren versucht, ihre Pforten in der Schweiz schließen. Die Ermittlungsergebnisse von Logistep waren bislang Grundlage zahlreicher deutscher Urteile. Es fragt sich nun, welche Wirkung dieses Urteil für die Logistep AG hinsichtlich etwaiger, in der Vergangenheit ermittelter IP-Adressen aus Sicht deutscher Gerichte hat.
Das Stichwort lautet “Beweisverwertungsverbot”. Rechtliche Grundlage ist § 286 ZPO / § 286 ZPO Freie Beweiswürdigung (http://dejure.org/gesetze/ZPO/286.html). Doch wer bereits bei den zahlreichen (steuerstrafrechtlichen) Affären um ausländische Steuersünder-CDs und Steuersünder aufgepasst hat, weiß, dass ein Beweisverwertungsverbot in Deutschland einen schweren Stand hat. Der Zweck heiligt bei Gericht vielfach noch die Mittel. Mittlerweile beschäftigt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verwertung der rechtswidrig erlangten Steuerdaten das BVerfG (Az. 2 BvR 2101/09) / Rechtsprechung: 2 BvR 2101/09 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=2%20BvR%202101/09). Dieses Urteil dürfte auch für das Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess erhebliche Bedeutung haben, da ein Beweisverwertungsverbot aus der Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts gefolgert werden kann (BVerfG, NJW 1992, S. 815, 816) / Rechtsprechung: NJW 1992, 815 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%201992,%20S.%20815). Hingegen begründen Verstöße gegen “einfaches Recht” nicht per se ein Verwertungsverbot. Pikant: Das Belauschen von Gesprächen begründet ein Verwertungsverbot (BGH NJW 1991, S. 1180) / Rechtsprechung: NJW 1991, 1180 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%201991,%20S.%201180).
Quelle: Schweizer Bundesgericht: Logistep AG verstößt bei der Ermittlung von Filesharer-IP-Adressen gegen Datenschutzrecht | Dr. Damm & Partner Rechtsanwälte (http://www.filesharing-rechtsanwalt.de/schweizer-bundesgericht-logistep-ag-verstoesst-bei-der-ermittlung-von-filesharer-ip-adressen-gegen-datenschutzrecht)
Stichpunkt: Beweismittelverbot
Natürlich stellen nachfolgende Aussagen meine persönliche Meinung dar, die auf keiner gefestigten Rechtskenntnis basiert. Sicherlich werden und sollten sich die Abgemahnten vertretenden Anwälte dieses Urteil in ihrer Argumentation einbeziehen. Das Ergebnis aber, was in den Verbraucherforen erwartet, wird wohl in Deutschland ausbleiben.
Man muss einfach wissen, so etwas wie das angloamerikanische Beweisverwertungsverbot der fruit of the poisonous tree (sinngemäß: Früchte des vergifteten Baumes; Beweise bzw. Kenntnisse, die ohne eine rechtswidrige vorherige Handlung nicht erlangt worden wären, dürfen nicht verwertet werden) kennt das deutsche Zivilrecht nicht, sondern geht sogar im § 286 ZPO von einer gerichtlich freien Beweiswürdigung aus.
Ein anschauliches Beispiel im deutschen Recht ist dabei die ganze Thematik der Steuer-CDs, die verdeutlicht, dass die Doktrin: fruit of the poisonous tree – keine – Anwendung findet. Obwohl diese personengebundenen Daten von einem Mitarbeiter des Bankinstitutes geklaut wurden und zum weiteren Verkauf angeboten, werden sie erst einmal als Beweismittel gegen Steuersünder verwendet.
Man sollte auch grundsätzlich beachten, Schweizer Datenschutzvorschriften sind für die Verwertbarkeit von IP-Adressen in Deutschland ohne Belang. Selbst wenn auf Grundlage des Schweizer Urteils, die Logistep AG, sämtliche im Urteil benannte Daten löschen muss, sind diese doch bei den deutschen abmahnenden Kanzleien hinterlegt und müssen hier nicht gelöscht werden. Im Gegenteil, wir hätten hier genau die gleiche Situation, wie beim Auskunftsanspruch gegenüber den Providern. Die Beweise wären vernichtet und der Beklagte könnte selbst auch nicht im Nachhinein, in einem Prozess, darauf zugreifen.
Eine grundsätzliche Stellung – gerade zur Logistep AG – zur Thematik Beweismittel und IP-Adresse nahm der Bundesgerichtshof erst in diesem Jahr, glasklar ein.
BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az. 1 ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens
1. c):
“Die IP-Adresse gibt deshalb bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt.“
2. c) aa):
“Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der von der L. AG ermittelten IP-Adresse festgestellt, dass ein außenstehender Dritter den WLAN-Anschluss des Beklagten für die das Verwertungsrecht der Klägerin verletzende Handlung benutzt hat.“
2. c) aa) (1):
“Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts hat die L. AG aber die fragliche IP-Adresse mit Hilfe der von ihr entwickelten zuverlässigen und eingehend überwachten Software ermittelt.“
Das heißt, vielleicht wird das Schweizer Urteil auf die Entscheidung eines Amtsgericht Einfluss haben, auf die Gesamt(-Abmahnwahn-)situation in Deutschland wohl kaum. Ein positiver Aspekt bleibt, die Logistep AG wird mit ihren Servern nach Deutschland übersiedeln und endlich Steuern zahlen. Vorausgesetzt, dass man sie noch braucht!
Autor: SH für die Initiative Abmahnwahn-Dreipage
Quelle: Abmahnwahn-Dreipage Aktuell (http://abmahnwahn-dreipage.de/aktuell.html)
Das ist erstmal eine erfreuliche Nachricht, denn nun sind alle Abmahnungen die mit dieser Software der Firma Logistep AG geloggt worden sind nichtig und dürften bei den Abmahnanwälten Chaos verursachen da diese Software nun keinen Bestand mehr vor Gericht hat.
Schnell wurde, besonders in den deutschen Verbraucherforen der Grundtenor klar, dass man hier nicht nur dieses Urteil positiv aufnahm, sondern man sah es schon in Deutschland Anwendung findend.
Aber die Erfahrung zeigt das man sich nicht zu früh freuen sollte, wie heißt es so schön "man soll den Abend nicht vor dem tag loben"...
mfg
Schweizer Bundesgericht, Urteil vom 08.09.2010
Art. 12; 13 DSG
Das Schweizer Bundesgericht hat nach Klage des obersten Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten Hanspeter Thür / EDB - Bundesgerichtsentscheid im Fall Logistep AG (http://www.edoeb.admin.ch/aktuell/01688/index.html?lang=de) entschieden, dass die Ermittlung der IP-Adressen von Filesharern gegen das Schweizer Datenschutzrecht verstößt. Danach dürfte die in der Schweiz ansässige Firma Logistep AG, welche seit Jahren mit einer selbst entwickelten Spezialsoftware vermeintliche Urheberrechts-Verstöße in Internet-Tauschbörsen durch Erfassen von IP-Adressen beweissicher zu protokollieren versucht, ihre Pforten in der Schweiz schließen. Die Ermittlungsergebnisse von Logistep waren bislang Grundlage zahlreicher deutscher Urteile. Es fragt sich nun, welche Wirkung dieses Urteil für die Logistep AG hinsichtlich etwaiger, in der Vergangenheit ermittelter IP-Adressen aus Sicht deutscher Gerichte hat.
Das Stichwort lautet “Beweisverwertungsverbot”. Rechtliche Grundlage ist § 286 ZPO / § 286 ZPO Freie Beweiswürdigung (http://dejure.org/gesetze/ZPO/286.html). Doch wer bereits bei den zahlreichen (steuerstrafrechtlichen) Affären um ausländische Steuersünder-CDs und Steuersünder aufgepasst hat, weiß, dass ein Beweisverwertungsverbot in Deutschland einen schweren Stand hat. Der Zweck heiligt bei Gericht vielfach noch die Mittel. Mittlerweile beschäftigt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verwertung der rechtswidrig erlangten Steuerdaten das BVerfG (Az. 2 BvR 2101/09) / Rechtsprechung: 2 BvR 2101/09 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=2%20BvR%202101/09). Dieses Urteil dürfte auch für das Beweisverwertungsverbot im Zivilprozess erhebliche Bedeutung haben, da ein Beweisverwertungsverbot aus der Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts gefolgert werden kann (BVerfG, NJW 1992, S. 815, 816) / Rechtsprechung: NJW 1992, 815 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%201992,%20S.%20815). Hingegen begründen Verstöße gegen “einfaches Recht” nicht per se ein Verwertungsverbot. Pikant: Das Belauschen von Gesprächen begründet ein Verwertungsverbot (BGH NJW 1991, S. 1180) / Rechtsprechung: NJW 1991, 1180 (http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=NJW%201991,%20S.%201180).
Quelle: Schweizer Bundesgericht: Logistep AG verstößt bei der Ermittlung von Filesharer-IP-Adressen gegen Datenschutzrecht | Dr. Damm & Partner Rechtsanwälte (http://www.filesharing-rechtsanwalt.de/schweizer-bundesgericht-logistep-ag-verstoesst-bei-der-ermittlung-von-filesharer-ip-adressen-gegen-datenschutzrecht)
Stichpunkt: Beweismittelverbot
Natürlich stellen nachfolgende Aussagen meine persönliche Meinung dar, die auf keiner gefestigten Rechtskenntnis basiert. Sicherlich werden und sollten sich die Abgemahnten vertretenden Anwälte dieses Urteil in ihrer Argumentation einbeziehen. Das Ergebnis aber, was in den Verbraucherforen erwartet, wird wohl in Deutschland ausbleiben.
Man muss einfach wissen, so etwas wie das angloamerikanische Beweisverwertungsverbot der fruit of the poisonous tree (sinngemäß: Früchte des vergifteten Baumes; Beweise bzw. Kenntnisse, die ohne eine rechtswidrige vorherige Handlung nicht erlangt worden wären, dürfen nicht verwertet werden) kennt das deutsche Zivilrecht nicht, sondern geht sogar im § 286 ZPO von einer gerichtlich freien Beweiswürdigung aus.
Ein anschauliches Beispiel im deutschen Recht ist dabei die ganze Thematik der Steuer-CDs, die verdeutlicht, dass die Doktrin: fruit of the poisonous tree – keine – Anwendung findet. Obwohl diese personengebundenen Daten von einem Mitarbeiter des Bankinstitutes geklaut wurden und zum weiteren Verkauf angeboten, werden sie erst einmal als Beweismittel gegen Steuersünder verwendet.
Man sollte auch grundsätzlich beachten, Schweizer Datenschutzvorschriften sind für die Verwertbarkeit von IP-Adressen in Deutschland ohne Belang. Selbst wenn auf Grundlage des Schweizer Urteils, die Logistep AG, sämtliche im Urteil benannte Daten löschen muss, sind diese doch bei den deutschen abmahnenden Kanzleien hinterlegt und müssen hier nicht gelöscht werden. Im Gegenteil, wir hätten hier genau die gleiche Situation, wie beim Auskunftsanspruch gegenüber den Providern. Die Beweise wären vernichtet und der Beklagte könnte selbst auch nicht im Nachhinein, in einem Prozess, darauf zugreifen.
Eine grundsätzliche Stellung – gerade zur Logistep AG – zur Thematik Beweismittel und IP-Adresse nahm der Bundesgerichtshof erst in diesem Jahr, glasklar ein.
BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az. 1 ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens
1. c):
“Die IP-Adresse gibt deshalb bestimmungsgemäß keine zuverlässige Auskunft über die Person, die zu einem konkreten Zeitpunkt einen bestimmten Internetanschluss nutzt.“
2. c) aa):
“Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der von der L. AG ermittelten IP-Adresse festgestellt, dass ein außenstehender Dritter den WLAN-Anschluss des Beklagten für die das Verwertungsrecht der Klägerin verletzende Handlung benutzt hat.“
2. c) aa) (1):
“Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts hat die L. AG aber die fragliche IP-Adresse mit Hilfe der von ihr entwickelten zuverlässigen und eingehend überwachten Software ermittelt.“
Das heißt, vielleicht wird das Schweizer Urteil auf die Entscheidung eines Amtsgericht Einfluss haben, auf die Gesamt(-Abmahnwahn-)situation in Deutschland wohl kaum. Ein positiver Aspekt bleibt, die Logistep AG wird mit ihren Servern nach Deutschland übersiedeln und endlich Steuern zahlen. Vorausgesetzt, dass man sie noch braucht!
Autor: SH für die Initiative Abmahnwahn-Dreipage
Quelle: Abmahnwahn-Dreipage Aktuell (http://abmahnwahn-dreipage.de/aktuell.html)
Das ist erstmal eine erfreuliche Nachricht, denn nun sind alle Abmahnungen die mit dieser Software der Firma Logistep AG geloggt worden sind nichtig und dürften bei den Abmahnanwälten Chaos verursachen da diese Software nun keinen Bestand mehr vor Gericht hat.
Schnell wurde, besonders in den deutschen Verbraucherforen der Grundtenor klar, dass man hier nicht nur dieses Urteil positiv aufnahm, sondern man sah es schon in Deutschland Anwendung findend.
Aber die Erfahrung zeigt das man sich nicht zu früh freuen sollte, wie heißt es so schön "man soll den Abend nicht vor dem tag loben"...
mfg