PDA

View Full Version : [Hilfe] Antwort der Bundesjustizministerin - Sabine Leutheusser-Schnarrenberger



Snitlev
08.08.10, 08:47
Einer unserer Mandanten erhielt auf ein Schreiben von der Bundesjustizministerin folgende Antwort:


Sehr geehrter Herr …,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben.

Das Problem von massenhaft missbräuchlichen Abmahnungen ist der Bundesregierung bewusst. Abmahnungen sind Teil des zivilrechtlichen Durchsetzungssystems des gewerblichen Rechtsschutzes, das sich in Deutschland bewährt hat. Mit Hilfe von Abmahnungen können Wettbewerbsverstöße schnell und effektiv unterbunden werden. Wegen des expandierenden Online-Handels werden allerdings häufig auch Bagatellverstöße abgemahnt. Die damit verbundenen Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts stellen gerade für kleine Händler, Existenzgründer oder Privatpersonen eine hohe finanzielle Belastung dar, die sogar existenzbedrohende Ausmaße annehmen kann.

Um solchen Missbräuchen zu begegnen, hat sich in meinem Ministerium die Arbeitsgruppe “Unlauterer Wettbewerb” mit dem Thema befasst. Diese Gruppe besteht aus Vertretern der Wirtschaft, Wissenschaft, der Länder, der Rechtsprechung sowie der betroffenen Referate des Bundeswirtschaftsministeriums und Bundesverbraucherschutzministeriums.

Diese Gruppe von Experten wird bis zum Sommer 2010 einen Referentenentwurf für eine Gesetzesänderung zu Gunsten von missbräuchlich abgemahnten Personen erarbeiten. Wie Sie sehen nehmen wir dieses Problem also sehr ernst und werden die unbefriedigende aktuelle Situation bald verbessern.

Mit freundlichen Grüßen,

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger


Ein kleiner Schönheitsfehler: Unser Mandant hatte die Bundesjustizministerin wegen Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen angeschrieben. Um Wettbewerbsverstöße oder Unlauteren Wettbewerb ging es nicht. Offensichtlich wurde das Schreiben unseres Mandanten doch nicht so genau gelesen?!

Quelle: Antwort der Bundesjustizministerin | Abmahnung-Blog.de (http://abmahnung-blog.de/abmahnwarner/antwort-der-bundesjustizministerin)

bis auf "Leider am Thema vorbeigerauscht", eigentlich ein schöner Artikel unserer Frau Schanrrenberger, schade das sie nicht konkret auf das richtige Thema eingegangen ist.

Ich gehe mal davon aus dass es sich um schon fertige Antwortschreiben gehandelt hat, die sie nur noch absegnen muss, aber wer gerne mal selbst Kontakt mit Ihr aufnehmen möchte kann dieses hier tun:

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB

Bundesministerin der Justiz

Landesvorsitzende der FDP-Bayern

Deutscher Bundestag

Platz der Republik



11011 Berlin

Telefon: 030 – 227 75162

Telefax: 030 – 227 76402

Hausanschrift: Unter den Linden 50, Zi.: 2.133

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (http://www.leutheusser-schnarrenberger.de)


mfg

Snitlev
10.12.10, 19:39
Per Fax: (030) 18 580 9046
Vorab per E-Mail: presse@bmj.bund.de
Bundesministerin der Justiz
Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Mohrenstraße 37
10117 Berlin

Steinwiesen, den 09.12.2010

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Leutheusser-Schnarrenberger,

wenn ein Jahr zu Ende geht, ist es Zeit, Resümee zu ziehen und sich neue Ziele zu stecken. Ich habe vor vier Jahren unserer Initiative den Namen „Abmahnwahn-Dreipage“ gegeben. Gerade 2010 müssen wir feststellen, dass der Begriff “Abmahnwahn“ zu 100 Prozent auf die aktuelle Situation des deutschen Abmahnwesens zutrifft. Im Artikel 5 unseres Grundgesetzes wird jedem das Recht zugestanden, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Es sollte noch weiter gehen: dass man es als seine Bürgerpflicht ansieht, Missstände offen anzusprechen und gleichzeitig Lösungen unterbreitet.




Fallbeispiel: Abgemahnter-X

Ich habe einen aktuellen Abmahnfall als Beleg ausgesucht, der stellvertretend für die derzeit unzumutbare Situation in Deutschland steht. Ich möchte ihn unkommentiert lassen und nur noch erklärend vorausschicken, dass es sich im Folgenden immer jeweils um einen neuen separaten Rechtsverstoß bzw. Streitgegenstand mit kerngleichem Inhalt handelt.

Wochenende vom 27./28.11.2010
8 (Einzel-)Abmahnungen von der abmahnenden Regensburger Kanzlei Rechtsanwälte Urmann + Collegen, davon:
• 7 Abmahnungen Rechteinhaber A betreffend, Streitgegenstand: Filme, je EUR 650,00.
• 1 Abmahnung Rechteinhaber B betreffend, Streitgegenstand: PC-Game, EUR 650,00.

Woche vom 29.11. – 03.11.2010
2 (Einzel-)Abmahnungen von der abmahnenden Regensburger Kanzlei Rechtsanwälte Urmann + Collegen, davon:
• 1 Abmahnung Rechteinhaber C betreffend, Streitgegenstand: Film, EUR 650,00.
• 1 Abmahnung Rechteinhaber D betreffend, Streitgegenstand: Film, EUR 1.280,00.

Forderungen der abmahnenden Regensburger Kanzlei Rechtsanwälte Urmann + Collegen





→ Abgabe von 10 strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen, davon 7 an denselben Rechteinhaber;
→ Pauschale Forderungen bzgl. anwaltlicher Gebühren, Schadensersatz, Log-Firma, IP Inhaber-Verauskunftung von gesamt:
EUR 7.130,00.

Abgemahnter-X gibt aus der wirtschaftlichen Lage und der Situation heraus an, die Rechtsverletzungen als Anschlussinhaber nicht selbst getätigt zu haben, seinen Internetzugang mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten abgesichert zu haben und auch keinerlei Kenntnisse über den wahren Täter besitzen. Er gibt nur die geforderte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab und zahlt die Forderungen nicht.

Da im “analogen“ Deutschland das Prinzip der Verfolgung des Einzelverstoßes vorherrscht, kann der Abgemahnte-X jetzt mit insgesamt 10 Zivilverfahren rechnen, in denen die Forderungen nach anwaltlichen Aufwendungen und Schadensersatz eingeklagt werden.

Regelfall der Kanzlei Rechtsanwälte Urmann + Collegen (Gegenstandswert von EUR 25.000,00)

• 1,3 GG Nr. 2300 VV RVG – EUR 891,80
• Auslagenpauschale Nr. 7002 RVG – EUR 20,00
• Zwischensumme EUR - 911,80
• Schadensersatz gem. Lizenzanalogie – EUR 250,00
• sonstige Ermittlungskosten (pauschal) - EUR 125,00

Gesamtbetrag: EUR 1.286,80

Das bedeutet pro Klage im Falle des Verlierens:

• Klagewert EUR 1.286,80
• eigener Anwalt EUR 254,96
• fremder Anwalt EUR 336,18
• Gerichtsverfahren KV EUR 195,00

Gesamtbetrag* – EUR 2.072,94

*(Kosten für Zeugen, Reisen, Gutachter usw. wurden hierbei noch außen vor gelassen.)

Das heißt: bei konsequenter Rechtsverfolgung besteht für den Abgemahnten-X, da er in der sekundären Darlegungslast nicht substantiiert den wahren Täter benennen kann und damit grundlegend Störer ist, ein wirtschaftliches Risiko von insgesamt
EUR 20.729,40.



Dies ist mitnichten ein Einzelfall. Auch die Mehrfach- und Folgeabmahnungen bei Sampler CD- und Chartcontainer-Abmahnungen, wo Betroffene in der Regel 3 – 10 Abmahnungen erhalten, müssen in diesem Zusammenhang zur Sprache kommen. Hierzu wurde in unserem nichtgehörten öffentlichen Brief “Für ein digitales Urheberrecht” vom 03.07.2010 schon berichtet.

• 1 Abmahnung erhalten – 33,09% der Befragten
• 2 Abmahnungen – 23,53%
• 3-5 Abmahnungen – 13,00%
• ab 6 Abmahnungen – 28,42%
• keine Abmahnung – 1,96%

[Quelle: Netzwelt.de/Forum, Initiative AW3Page]

Vor der Verfügbarkeit des Internet in Deutschland kannte vermutlich kaum ein normaler Bürger das Urheberrechtsgesetz, geschweige denn seinen Inhalt oder seine Bedeutung. Es diente vordergründig dem gewerblichen Rechtsschutz von Unternehmen. Die hohen Streitwerte waren maßgebend, um das Kräfteverhältnis zwischen den gewerblichen Unternehmen untereinander zu wahren. Mit Einführung des Internets, spätestens aber mit der schnellen Ausbreitung der Breitbandverbindungen in Privathaushalten, wurde 2005 angefangen, Urheberrechtsverstöße im Internet zu verfolgen. Hierzu übernahm man vom Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie vom Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Passagen und wandte sie auf Urheberrechtsverletzungen durch Privatanwender in Internettauschbörsen an.

2010 macht aber deutlich, dass das Urheberrecht und das Rechtssystem klar “analog“ ausgerichtet sind. Es bedarf dringend einer “Digitalisierung“, um den Ansprüchen und Herausforderungen des “Digitalen Zeitalters“ gerecht zu werden.


Quelle: Abmahnwahn-Dreipage Aktuell (http://abmahnwahn-dreipage.de/aktuell.html)


Den zweiten Teil dieses Briefes an Frau Bundesministerin Leutheusser-Schnarrenberger wollte ich Euch natürlich nicht vorenthalten und habe ihn hier auch noch mal als Kopie im PDF-Format zum Download für Euch:

8901



mfg