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View Full Version : Im Beschleuniger LHC kreisen wieder Teilchen



Snitlev
21.11.09, 11:51
Durch den Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Forschungszentrum CERN zirkulieren wieder Partikel. Am gestrigen Freitag um zehn Uhr abends gelang es, den im Uhrzeigersinn umlaufenden Strahl vollständig in den Beschleunigerring einzufädeln.
So weit waren die Physiker auch schon vor über einem Jahr, bevor ein defektes Bauteil umfangreiche Reparaturen erforderlich machte. Zuletzt hatte dann ein Stückchen Brot das über drei Milliarden Euro teure Forschungsgerät nocheinmal gestoppt.

Quelle: heise online - Im Beschleuniger LHC kreisen wieder Teilchen (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Im-Beschleuniger-LHC-kreisen-wieder-Teilchen-865761.html)

Irgendwie kann ich mich da dran erinnern das dieses Projekt seit knapp 2 Jahren aktiv ist und man sogar von Horror-Szenarien berichtet hatte mit schwarzen Löchern und den Untergang der Erde...

Aber so genau weiß ich es nicht mehr ausser das @v6ph1 dazu seine Meinung kund getan hatte, hoffe dass er uns mal das alles hier etwas verständlicher rüberbringt so das man weiß worum es dort überhaupt geht...

mfg

v6ph1
21.11.09, 12:18
Man will Atome (bzw. deren Bestandteile) so kollidieren lassen, dass etwas anderes dabei rauskommt.
Man hofft dabei die Bestandteile (Quarks (http://de.wikipedia.org/wiki/Quark_(Physik))) von Protonen, Neutronen und Elektronen nachzuweisen, damit man genauer den Aufbau kennt.

Weiterhin will man versuchen, damit in geringem Maße Antimaterie herzustellen, welche dann untersucht werden kann.

Bei den Untersuchungen entstehen sicher schwarze Löcher, deren Größe ist aber so gering, dass sie von 1-2 Molekülen verstopft werden.
Man würde sie garnicht bemerken.

mfg
v6ph1

Se7Ven
21.11.09, 16:29
Bei den Untersuchungen entstehen sicher schwarze Löcher, deren Größe ist aber so gering, dass sie von 1-2 Molekülen verstopft werden.
Man würde sie garnicht bemerken.

mfg
v6ph1

Wie hoch sind die tatsächlichen Investitionskosten für dieses Experiment und sind es real ungefähr 3 Millarden Euro die investiert worden sind?

In welcher Relation steht die praktische Anwendbarkeit und der Nutzen für die gesamte Menschheit?

Entspricht es der Wahrheit das die Protonen in der Hochatmosphäre der Erde aufeinander prallen und einen vergleichbaren Effekt bewirken?

El-Mo
21.11.09, 17:29
Die Kostenfrage ist hier irrelevant. Es dreht sich um pures Grundlagenwissen, und das ist unbezahlbar. Sicher ist es schwer, diese Summen vor dem plebs gemini zu rechtfertigen, insbesondere da diese Experimente keinen unmittelbaren Nutzen nach sich ziehen. Aber: Das Internet (hört, hört!) und die für Feinstruktur-Untersuchungen benutzten Synchrotron-Strahlen sind "Erfindungen" der Beschleuniger-Anlagen.

Und, ja: In den oberen noch dünnen Schichten der Erd-Atmosphäre treffen immer wieder hochenergetische Partikel auf, deren Moment um einige Größenordnungen über den wohl je in von Menschenhand gebauten Anlagen realisierten Werten liegen. Diese stammen zum Teil aus Magnetfeldern von Neutronensternen und anderen exotischen Objekten im All, die als riesige natürliche Beschleuniger wirken.

@v6ph1: da werden kleine Singularitäten erzeugt? Unter uns: Schwarze Löcher haben keine Größe :wink::wink::wink:

Se7Ven
21.11.09, 19:27
Die Kostenfrage ist hier irrelevant. Es dreht sich um pures Grundlagenwissen, und das ist unbezahlbar. Sicher ist es schwer, diese Summen vor dem plebs gemini zu rechtfertigen, insbesondere da diese Experimente :


Es geht doch eigentlich um die Konstruktion der Fusionsreaktoren und die zukünftige tatsächliche Realisierbarkeit und wirtschaftlichen nutzen dieser Energieform.

Die Nutzung der Fusionsenergie (Deuterium und Lithium) ist damit vergleichbar dem Prozess der innerhalb der Sonne stattfindet oder??

Erinnert mich an die militärische Nutzung der Wasserstoffbomben...

El-Mo
21.11.09, 22:38
Es geht doch eigentlich um die Konstruktion der Fusionsreaktoren und die zukünftige tatsächliche Realisierbarkeit und wirtschaftlichen nutzen dieser Energieform.

Nö! Es ist nicht völlig auszuschließen, dass sich einige Gruppen am CERN auch mit diesen Fragen befassen; die aktuellen Forschungen beziehen sich am LHC derzeit aber auf das Quark-Gluonen-Plasma und das Higgs-Teilchen.


Die Nutzung der Fusionsenergie (Deuterium und Lithium) ist damit vergleichbar dem Prozess der innerhalb der Sonne stattfindet oder??

Die Frage verstehe ich nicht; (Kern-) Fusion ist Fusion - ob in der Sonne oder an anderen geeigneten Umgebungen.


Erinnert mich an die militärische Nutzung der Wasserstoffbomben...

Eine der geeigneten Umgebungen ist in direkter Nachbarschaft einer thermonuklearen Explosion (Druck, Temperatur). Aber davon abgesehen ist die Nutzung der Fusion genauso "militärisch" wie jedes x-beliebige AKW.

Leider ist es mit der Hochenergiephysik wie mit so vielem: Zuviel Halbwissen aus der Presse, zuviel eigene krude Theorien. Eine Einführung in die experimentelle Teilchenphysik überlasse ich v6ph1 :biggrin:

Se7Ven
21.11.09, 23:01
Leider ist es mit der Hochenergiephysik wie mit so vielem: Zuviel Halbwissen aus der Presse, zuviel eigene krude Theorien. Eine Einführung in die experimentelle Teilchenphysik überlasse ich v6ph1 :biggrin:

Das Wissen habe ich natürlich aus dem Internet/Literatur bezogen dort sind meine Bezugsquellen ich bedanke mich für die Aufklärung sowie deine fachlichen Informationen.....komme aus einer anderen Fachrichtung.

Welt der Physik: LHC [ÜBERSICHT] (http://www.weltderphysik.de/de/351.php)

Forschung - Fusionsenergie - Energie und Fusion: Herausforderungen der Zukunft (http://ec.europa.eu/research/leaflets/fusion/page_89_de.html)

Large Hadron Collider ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Large_Hadron_Collider)

v6ph1
21.11.09, 23:33
Leider ist es mit der Hochenergiephysik wie mit so vielem: Zuviel Halbwissen aus der Presse, zuviel eigene krude Theorien. Eine Einführung in die experimentelle Teilchenphysik überlasse ich v6ph1 :biggrin:
Bei mir hört es leider auch nach den "normalen" Protonen, Neutronen und Elektronen auf.
Das Wissen über Quarks ist bei mir auch lückenhaft.

Trotzdem verfolge ich solche Forschung gerne, da diese auch zu einem besseren Verständniss über die Teilchen führt.
Auch solche Fragen, wie das "Gott-Partikel" finde ich interessant, da damit die Fragen nach Ladung und Masse beantwortet werden und auch deren Zusammenhänge.

Was das Schwarze Loch betrifft, so ist mir deren Größe 0 durchaus bewusst, aber ich meinte in diesem Fall eher deren Anziehungskraft, die hinreichend gering ist.

mfg
v6ph1

El-Mo
22.11.09, 18:17
Die Entität El-Mo hat gerade ein wenig Zeit:

Aus kosmologischer Sicht haben wir in unserem fastkalten Universum derzeit folgende Situation: Es gibt Teilchenwellen ("Materie") und die darauf einwirkenden vier Kräfte Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Kernkraft.
Die Elementarteilchen der Materie gehören entweder zur Familie der Fermionen (z.B. die Leptonen Elektron, Neutrino, Quarks und die daraus aufgebauten Nukleonen Proton und Neutron) oder zu den Bosonen wie die Eichbosonen des STANDARDMODELLS, die als Vermittler der Kräfte fungieren.
Abgesehen von der Gravitation sind in diesem STANDARDMODELL alle Kräfte und Teilchen quantenfeldtheoretisch sehr gut beschrieben (d.h. die sich daraus ableitenden Vorhersagen konnten experimentell bestätigt werden!).
Eine der großen Fragen bei der Charakterisierung der Gravitation ist es nun zu klären, warum die Elementarteilchen genau die Ruhemasse haben, die sie haben. Damit beschäftigt sich die Theorie um das Higgs-Boson (das von 6ph1 angesprochene "Gott-Partikel"). Im Gegensatz zum Photon, das als Wechselwirkungsquant des Elektromagnetismus keine Ruhemasse hat (und daher wie das hypothetische Graviton unendlich weit wirken kann [das hat was mit virtuellen Teilchen und der Unschärfe-Relation zu tun]), schreibt die Theorie diesem Higgs-Teilchen eine Energie zu, die nun - und jetzt kommt's - in den Kollisionen innerhalb des neuesten Speicherringes (LHC) des CERN erreicht werden könnte.
Für das Verständnis: LHC=Large Hadron Collider; ein Hadron ist ein Fermion, das im Gegensatz zu den Leptonen der starken Weckselwirkung unterworfen ist. Die aus dem Schulunterricht bekannten Nukleonen (nucleus=[Atom-]Kern) gehören dazu und sind aus jeweils 3 Quarks aufgebaut (zur Verwirrung: es gibt auch die Mesonen, die ebenfalls zu den Hadronen gehören, aber aus zwei Quarks aufgebaut sind und damit wegen des daraus resultierende ganzzahligen Spins zu den Bosonen gehören...).
Im Ring des LHC werden gegenläufige Partikelpakete durch pfiffige Magnetsteuerungen nahe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und am Ort des
Experiments nach einer Großzahl von Umläufen zur Kollision gebracht. Durch die Beschleunigung werden diese Teilchen um viele Größenordnungen energiereicher und gemäß E=m*c^2 in gewisser Weise "schwerer".Es wird damit immer aufwändiger, diese Teilchen noch weiter zu beschleunigen. Ein weiteres Problem ist, das geladene Teilchen bei Änderung ihres Geschwindigkeitsvektors Bremsstrahlung emittieren und damit Energie verlieren (-> Synchrotronstrahlung). Dies ist der Grund, warum die Speicher-Ringe einen immer höheren Radius haben müssen, um noch größere Energien realisieren zu können.
Wenn es nun gelingt, zwei Teilchen im Detektorfeld aufeinander prallen zu lassen, wird durch diese Kollision innerhalb eines winzigen Raumbereichs die gesamte kinetische Energie frei (Ruhemasse vernachlässigbar). Die Identität der beteiligten Partner geht dabei verloren, und es entsteht ein Hochenergievolumen, aus dem sich spontan (wieder gemäß E=m+c^2)
Teilchen bilden können, die quasi die frei gewordene Energie in Masse
umwandeln. Diese in freier Natur kaum anzutreffenden Gesellen sind sehr instabil und zerfallen in masseärmere und meist bekannte Teilchen, deren Verhalten im Detektorfeld bekannt ist, und aus denen man dann Rückschlüsse auf eventuell entstandene unbekannte Parikel machen kann.
Dies alles geschieht in kleinsten Zeiträumen, und die erforderliche Technik
ist außerordentlich komplex (einfach mal nach Bildern für solche Detektoren googlen - die sind riesig!).
Tja: Das ist im Großen und Ganzen das, was die am CERN so treiben -
selbstverständlich stark vereinfacht; so handelt es sich bei dem Hochenergievolumen z.B. um das erwähnte Quark-Gluonen-Plasma: die Kollisionspartner "zerplatzen" gewissermaßen in ihre Quark-Bestandteile und in dem dazischen entstehenden hochenergetischen Feld wuseln die Gluonen als Überträger der starken Kraft, die z.B die Protonen im Atomkern zusammenhält (die Neutronen als "Kittmasse" reichen dazu nicht aus!). Aber wie das so ist: bei jedem einzelnen Punkt könnte man seitenweise zu diesem Thema ins Detail gehen.
Ein Wort noch zu den von v6ph1 erwähnten schwarzen Löchern im Miniatur-Format, die bei den Experimenten im CERN und andernorts entstehen sollen: In gewisser Weise ist jedes auf einen Raumpunkt reduzierte Masse-Teilchen eine Singularität (das Masse/Raumvolumen-Verhältnis ist "unendlich"). Tatsächlich sind diese Punktteilchen der klassischen Physik ein großes Problem in den heutigen quantenfeldtheoretischen Überlegungen; deswegen arbeitet man mit Eifer an der Stringtheorie bzw. an der darauf aufbauenden M-Theorie, die den Elementarteilchen eine von Null verschiedene Ausdehnung unterstellen.
Was an den schwarzen Löchern "zu sehen" ist, ist ihr Schwarzschild-Radius als Funktion ihrer Entropie/Masse, also der Bereich in der Nähe der Singularität, in der die Gravitationskräfte so stark sind, das keine Information mehr entweichen kann (d.h., der Raum in sich selbst zurück gekrümmt wird [Stichwort schwerkraftbedingte Zeitdilatation]). Zitat: "Die Natur verabscheut nackte Singularitäten" (Wheeler?)

Wenn noch Fragen geblieben sind...

Snitlev
30.11.09, 20:57
Teilchenbeschleuniger knackt Energie-Weltrekord


Gut eine Woche nach seinem Neustart hat der Teilchenbeschleuniger LHC einen Weltrekord aufgestellt: Mit bisher unerreichter Energie hat die Maschine Protonen in der riesigen Kreisbahn beschleunigt. Doch bis zum erhofften wissenschaftlichen Durchbruch dürfte es noch dauern.
Genf - Erfolgsnachrichten kann man am europäischen Kernforschungszentrum Cern gut gebrauchen. Schließlich war die einjährige Zwangspause, die der Teilchenbeschleuniger LHC einlegen musste, für die PR-Wirksamkeit weniger ideal. Kaum gestartet, musste die Anlage im vergangenen Jahr wegen technischer Probleme abgeschaltet werden. Nun läuft der LHC endlich wieder. Und produziert zur Freude der Forscher die ersten Rekordmeldungen.

Quelle: LHC: Teilchenbeschleuniger knackt Energie-Weltrekord - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft (http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,664237,00.html)

so hier können sich unsere Physiker bestimmt darüber erfreuen...

mfg